Budapest/Wien - Es wird wohl doch keine doppelte Wahlstimme für ungarische Mütter geben. Der ungarische Parlamentsabgeordnete Gergely Gulyás von der rechtskonservativen Partei Fidesz sagte am Freitag in Wien, dass es das im neuen Verfassungsentwurf enthaltene mehrfache Wahlrecht für Mütter "nicht geben wird".
Ideologisch steht die Regierung aber hinter der Idee. Gulyás, der auch der stellvertretende Vorsitzende der Kommission zur Vorbereitung der neuen Verfassung ist, betonte, dass die Debatte um das Mehrfachwahlrecht für Europa wichtig sei. Es würde "den Generationen der Zukunft mehr Mitsprache geben". Den Gleichheitsgrundsatz sehe er durch eine solche Verdoppelung des Stimmenanteils aller ungarischen Mütter nicht gefährdet.
Trotzdem hat der umstrittene Gesetzesentwurf in der Bevölkerung keine Mehrheit. Das gehe aus ersten Auswertungen der 800.000 beantworteten Fragebögen hervor, die an jeden Haushalt verschickt wurden, sagte Gulyás. Das Wahlrecht für Auslandsungarn allerdings wird kommen, nur in abgeschwächter Form. Den Verfassungsentwurf wird das Parlament voraussichtlich am 18. April absegnen. Die dafür nötige Zweidrittelmehrheit hat die Regierungspartei. Das neue Grundgesetz wird die Macht der Fidesz-Partei durch eine Ausweitung der Gesetze, die eine Zweidrittelmehrheit brauchen, stärken und den Einfluss der Opposition mindern. Daneben bietet der Entwurf jede Menge Nationalsymbolik, wie den Stolz auf Ahnen und die heilige Krone.
Unterdessen hat Standard-Kolumnist Paul Lendvai die ungarische Version seines neuesten Buchs über seine Heimat, Mein verspieltes Land, in Budapest vorgestellt. Schon die deutsche Originalversion hatte wütende Reaktionen der rechtsgerichteten Auslandsungarn hervorgerufen. Doch die Veranstaltung im Budapester Astoria-Hotel verlief ohne Zwischenfälle. Die ungarische Ausgabe unterscheidet sich von der deutschen nur im letzten Kapitel über Viktor Orbán, das Lendvai für das ungarische Publikum neu geschrieben hat. (andh, lau/DER STANDARD, Printausgabe, 19.3.2011)