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Eine Botschaft, bei der keine Fragen offenbleiben: Graffiti von Aufständischen in Bengasi.

Foto: REUTERS/Asmaa Waguih

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Libyen-Experte Tarik Yousef

Foto: Archiv

Die Intervention könnte zudem Konsequenzen im Jemen und in Bahrain haben, sagte er zu Astrid Frefel.

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Standard: Begrüßen Sie die Militärintervention in Libyen?

Yousef: Diese Intervention war notwendig, nicht damit ausländische Bodentruppen einmarschieren oder ausländische Mächte Libyen besetzen, sondern um die Zivilbevölkerung zu schützen. Deshalb haben wir diesen breiten internationalen Konsens gesehen.

Standard: Ist die Teilnahme arabischer Länder wichtig, und ist ihr Beitrag mehr als symbolisch?

Yousef: Politisch ist sie sehr wichtig, praktisch ist sie eher symbolisch. Alle haben betont, dass das eine Koalition ist, bei der Araber mitmachen. Und auch die Arabische Liga hat mit ihrem Entscheid in den Augen der Bevölkerung in der Region viel Kredit gewonnen.

Standard: Wie wird die Beteiligung der USA in der Region gesehen?

Yousef: Schon bei den Aufständen in Tunesien und Ägypten wollte die Bevölkerung, dass sich die USA an die Seite der Revolution stellen. Das ist bei Libyen auch der Fall. Als die USA und Europa gezögert haben, hat man ihnen vorgeworfen, durch Öl- und Handelsinteressen geleitet zu sein. Die schnelle Aktion hat den Argwohn jetzt neutralisiert, vor allem auch, weil festgelegt wurde, dass keine Bodentruppen einmarschieren.

Standard: Wird die Stimmung umschlagen, wenn es zivile Tote gibt?

Yousef: Natürlich könnte es zivile Todesopfer geben. Die westlichen Militärmächte sind sich dieser Problematik sehr bewusst. Sie werden deshalb sogar Ziele nicht bombardieren, um diese Gefahr zu vermeiden. Ich bin überrascht, wie sehr die Europäer und die USA der öffentlichen Meinung in Libyen Rechnung tragen.

Standard: Beendet Gaddafi die Kämpfe, sind die Rebellen nicht am Ziel, sie wollen, dass er das Land verlässt. Wie geht es dann weiter?

Yousef: Das ist die große Frage. Die UN-Resolution sagt nichts über das Endziel dieses Konfliktes, sie erwähnt keinen Regimewechsel. Es geht nur um den Schutz der Zivilbevölkerung. Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Erstens glaubt man nicht, dass das Regime überleben wird, wenn die Militärmaschinerie zerstört ist. Oder es gibt keine Übereinstimmung, was weiter geschehen soll. Oder die internationale Gemeinschaft setzt einen Schritt nach dem andern und wirft den Ball zurück zu den Rebellen, indem sie diese mit Waffen versorgt.

Standard: Welches ist das wahrscheinlichste Szenario?

Yousef: Ich selbst glaube, dass die westlichen Mächte darauf setzen, dass mit diesen militärischen Angriffen loyale Kräfte von Gaddafi abfallen und das Regime in sich selbst zusammenfällt.

Standard: Hat diese Intervention Folgen für den Jemen oder Bahrain?

Yousef: Das ist sehr wahrscheinlich, und das ist wohl der Hauptgrund für das Zögern des Westens. Man wollte keinen Präzedenzfall für ein anderes Engagement in der Region schaffen. Der libysche Fall ist aber eine Ausnahme. Gaddafi militärisch zu begegnen heißt nicht, dass man das mit andern Herrschern auch tun muss. Kein anderes Regime wird derart gewalttätig gegen seine Bürger vorgehen. Libyen lehrt uns, dass Ben Ali und Mubarak Gentlemen waren, die wollten wenigstens reden, Gaddafi schickte seine Söldner. (Astrid Frefel, STANDARD-Printausgabe, 22.03.2011)