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Das neue Gaswirtschaftsgesetz wird den Gastransit neu regeln. Hier die Verteilerstation in Baumgarten, Niederösterreich.

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Wien - Rund um das derzeit in Begutachtung befindliche Gaswirtschaftsgesetz gehen die Wogen hoch. Die Gesetzesnovelle, mittels deren der Erdgastransport durch Österreich EU-konform geregelt werden soll, wird selbst von beteiligten Parlamentariern als wenig befriedigend und überhaupt nicht visionär bezeichnet.

Als typisches Beispiel für die mangelnde Zukunftsorientiertheit des Gesetzes wird angeführt, dass bei den sogenannten Verdichterstationen gesetzlich keine verpflichtende Abwärmenutzung vorgesehen ist. "Für die Regierung bedeutet Energieeffizienz noch immer, dass der Standby-Knopf bei Elektrogeräten ausgeschaltet bleiben muss" , meinen Beobachter hämisch. "Dabei wird auf große Brocken, wie man Energie sparen könnte, einfach vergessen."

Diese Verdichterstationen - für den Erdgastransit durch Österreich gibt es laut E-Control knapp über 30 Stück - weisen eine Abwärme auf, die bis zu 500 Grad Celsius haben kann. Trotzdem wird die Abwärme nicht genutzt, sondern verpufft in der Regel einfach in die Atmosphäre. Nur bei einer einzigen Gasverdichterstation, in Weitendorf in der Steiermark, wurden Vorkehrungen getroffen, dass die Abwärme der mit Gas betriebenen Stationen heruntergekühlt und dann zur Stromerzeugung verwendet wird. 28.000 steirische Haushalte können so mit Strom versorgt werden.

Die Energieersparnis, die durch kluge Nutzung der Abwärme erzielt werden könnte, wäre beträchtlich: Laut Umweltbundesamt verbrauchte der Rohrleitungstransport von Gas mit über zehn Petajoule (PJ) mehr Energie als der gesamte Eisenbahnverkehr (9,4 PJ, Zahlen aus 2005). Schätzungen des Umweltbundesamtes sagen für den Gastransport eine Steigerung des Energieaufwandes bis 2020 auf knapp 20 PJ voraus.

Bedeutender Gastransit

Längst ist Österreich ein so bedeutendes Gastransitland für die EU geworden, das den Vergleich mit anderen Gastransitländern nicht zu scheuen braucht. Geschätzt wird, dass die Bedeutung von Erdgas in der Energieversorgung der EU sogar noch zunehmen wird, zumal Erdgas von allen fossilen Energieträgern die beste Treibhausgasbilanz aufweist. Dem Erdgastransitnetz in Österreich, das übrigens separat vom Inlandsgasnetz betrieben wird, wird deshalb künftig mehr Bedeutung zugemessen. Nach dem novellierten Gesetz darf es auch zu Zusammenlegungen der beiden Netze kommen.

Der Erdgastransit durch Österreich beträgt mittlerweile jährlich mehr als 75 Milliarden Kubikmeter. Zum Vergleich: Der Erdgasinlandsverbrauch in Österreich beträgt nach Angaben der Regulierungsbehörde E-Control rund 8,8 Mrd. Kubikmeter im Jahr.

Bei der Landwirtschaftskammer hält man es deshalb für unverständlich, dass es im Gesetzesentwurf zu einer - im internationalen Vergleich unüblichen - kompletten Befreiung des Erdgastransits von Verbrauchsabgaben gekommen ist. "Ein solcher Transport ist in anderen Transitländern selbstverständlich besteuert" , erläutert der stellvertretende Vorsitzende des Energieausschusses der Landwirtschaftskammer, Hermann Schultes (ÖVP).

Auch bei den Grünen überwiegt Kritik. Energie- und Umweltsprecherin Christine Brunner moniert, dass es im vorgeschlagenen Gesetzesentwurf (so wie in der derzeitigen Fassung auch) weitreichende Enteignungsmöglichkeiten gibt, und zwar dann, wenn sich ein Eigentümer dagegen wehrt, im Zuge eines Gasleitungsbaus seinen Grund zu verkaufen. Dies könne häufig vorkommen, meint sie, schließlich werde es zum Bau neuer Transitgasleitungen kommen, und zwar besonders in den Süden. So sei etwa eine Tauerngasleitung geplant. Einen Enteignungsfall in Niederösterreich habe es bereits gegeben.

Wie vom Standard berichtet, soll Österreich im Rahmen des EU-Energiesparpakets seinen Energiebedarf auf das Niveau des Jahres 2005 einpendeln. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.3.2011)