Wien - Am Donnerstag fand die erste politische Verhandlungsrunde zwischen Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) zum neuen Familienrecht statt. Nachdem bisher die Experten getagt und in Arbeitskreisen neue Vorschläge formuliert hatten, sind jetzt die Ministerinnen am Zug. Klar war: In der ersten Runde kann es noch keine Einigung geben. Knackpunkt der Verhandlungen ist vor allem das Thema gemeinsame Obsorge nach Scheidungen. Bandion-Ortner will, dass diese gemeinsame Obsorge grundsätzlich bestehen bleibt, Heinisch-Hosek ist gegen eine derartige "Automatik".

Heinisch-Hosek lockerte die erste Verhandlungsrunde mit neuen Vorschlägen auf: Sie möchte gleich neue Regelungen für Patchworkfamilien mitverhandeln, wofür Bandion-Ortner zwar prinzipiell Verständnis hat, was sich in der Volkspartei aber nicht so leicht durchsetzen lässt. Dort hält man immer noch das traditionelle Familienbild hoch.

Heinisch-Hosek stellt sich vor, dass in Patchwork-Familien, in denen die Partner nicht verheiratet sind, der andere Elternteil als Angehöriger definiert werden soll - damit könnte dieser Partner etwa einer ärztlichen Untersuchung des Kindes zustimmen.

Der Frauenministerin geht der Entwurf von Bandion-Ortner, der auch neue Regelungen beim Besuchsrecht vorsieht, thematisch nicht weit genug, sie will eine breiter angelegte Novelle. Heinisch-Hosek brachte am Donnerstag auch ihren Vorschlag eines Partnerschaftsvertrags als Alternative zur Ehe in die Verhandlungen ein, was beim Gegenüber Überforderung ausgelöst haben soll.

Man halte "Verzögerungstaktiken", wenn es um Kinderrecht gehe, für "unangemessen", meinte dazu ein Sprecher der Justizministerin. "Politische Tauschgeschäfte lehnen wir ab." Man habe mit dem Familienrechtsgesetz 2009 bereits die Rechte für Patchwork-Familien gestärkt.

Aber auch Bandion-Ortner konnte mit neuen Vorschlägen aufwarten: Im Zusammenhang mit dem Kindeswohl soll zum jetzigen Entwurf noch mehr präzisiert werden, dass jegliche Form von Gewalt eine Obsorge ausschließt. Weiters schlägt sie Änderungen beim Besuchsrecht im Zusammenhang mit Gewalt vor: Ist bei geschiedenen Eltern, die beide die Obsorge haben, Gewalt im Spiel, sei es derzeit so, dass ein Verfahren eingeleitet werde, und erst wenn sich im Zuge dessen der Vorwurf der Gewalt als richtig erweist, werde das Besuchsrecht entzogen. Künftig soll schon beim Verdacht auf Gewalt das Besuchsrecht vorläufig verwehrt werden. (APA, red, DER STANDARD; Printausgabe, 25.3.2011)