Das Café Cukrászda ist kein - wie es vielleicht der Name vermuten ließe - ein Hinweisschild für Neuankömmlinge (Zugraste). Die Virág Cukrászda, eine der vielen Stadt-Konditoreien, befindet sich auf dem Széchenyi tér, dem Hauptplatz von Pécs, das von Cukrászdas und Kafeház (Kaffeehäusern) nur so strotzt.

Foto: Eva Zelechowski

Sie wird von einem ganz besonderen mediterranen Charme umgarnt, die Stadt Pécs (deutsch Fünfkirchen). Im südlichsten Komitat (Verwaltungsbezirk) Ungarns ist sie nur wenige Kilometer von der kroatischen Grenze entfernt. Als beliebtes Ziel für ein oder mehrere Auslandssemester zieht Pécs zahlreiche Studierende, vor allem aus Deutschland und Norwegen an. In der Mitte des auf einem Hügel liegenden Hauptplatzes befinden sich die Säule der Dreifaltigkeit und die Statue des gefeierten Helden János Hunyadi.

Foto: Eva Zelechowski

Etwas außerhalb, in der Nähe des Busbahnhofs und der Árkád, des größten und auch an Wochenenden geöffneten Einkaufszentrums, findet man die Markthalle. Hinter dem mit einer feurigen Paprika und einer lächelnden Waage versehenen Eingangsschild bieten Händler und Bauern regionale Spezialitäten an: von Blumen über Sauerkraut, Wurst, Gemüse bis Obst.

Foto: Eva Zelechowski

Das rege touristische Treiben hinter sich lassend, gelangt man über die Anna Utca zur Augustiner Kirche, die schon von Weitem durch ihren gelb-orangen Anstrich erstrahlt und zwischen den Häusern herausragt. Während der türkischen Herrschaft zwischen 1543 und 1686 wurde die mittelalterliche Kirche zur Moschee umfunktioniert. Heute erinnern ein bogenförmiges türkisches Fenster in der südlichen Wand und Kalkstein-Säulen an die islamische Architektur. In der Nähe befindet sich Ungarns einziges kroatisches Theater.

Foto: Eva Zelechowski

Wer einen Fußmarsch bergauf nicht scheut, wird vom Téttyé Park aus mit einem tollen Ausblick auf die Stadt belohnt. Auf dem Berg Misina, deren Gipfel über der Stadt auch mit dem Bus erreicht werden kann, ragt der Fernsehturm von Pécs 176 Meter in die Lüfte. Ein Wahrzeichen der Stadt, das beinahe von jedem Winkel im Tal hinter einer Ecke hervor lugt. Im Jahr 1973 fertiggestellt, birgt er einen nicht auf Anhieb vertrauenserweckenden Lift. Doch der freundliche Liftwart nimmt seinen Fahrgästen - vor einem Werbeplakat mit ex-kommunistisch anmutenden Eisbechern - mit einem Lächeln und einem lockeren Plausch jede Angst.

Foto: Eva Zelechowski

Der Ausblick auf der runden Aussichtsplattform ist umwerfend, nicht nur aufgrund der stürmischen Böen. Ähnlich wie der Wiener Donauturm beherbergt der Pécser Fernsehturm ein Restaurant, in dem das Gulasch, genau wie Pinocchio Eisbecher, phänomenal schmecken. Von der Plattform sieht man auf die Südseite weit über die Stadtgrenzen bis zum 45 Kilometer langen Gebirgszug, dem Mecsekgebirge, und an klaren Tagen bis nach Kroatien. Im Bild: Der große Krater eines ehemaligen Bergwerks in der Provinz Baranya.

Foto: Eva Zelechowski

Wieder im Tal fällt ein Straßen-Wandbild auf, das hinter drei Wandlöchern eine Art künstlerische Zone vermuten lässt. Die Tür zeigt die Aufschrift "Balkan Kapuja" und den Hinweis auf die Website urester.hu. Dahinter steht die Empty Space Company, eine alternative KünstlerInnengruppe aus Pécs, die unter anderem in diesem Innenhof Installationen und gesellschaftskritische Theateraufführungen organisiert. Gegenüber befindet sich die für die Zeit als Kulturhauptstadt im Jahr 2010 erbaute überdimensionale Konzerthalle Kodály Központ.

Foto: Eva Zelechowski

Einige Relikte wie dieses inzwischen zum Parkplatz umfunktionierte Areal in der Kiraly Utca (Kiraly Straße) erinnern heute noch an Pécs als eine der drei Kulturhauptstädte im Jahr 2010. Hierher strömten Musikliebhaber zu allerlei Konzerten und Auflegereien aus der lokalen Kulturszene.

Foto: Eva Zelechowski

Wer sich in Bars mit bunt beklebten und wild beschrifteten Wänden zuhause fühlt, der ist im Art Café gut aufgehoben. Zentral in der Kiraly Utca, einen 10-Minuten-Spaziergang vom Hauptplatz entfernt gelegen, bietet es in schummriger Atmosphäre Möglichkeit zur Rast.

Foto: Eva Zelechowski

Eine weitere Sehenswürdigkeit, an der man nicht vorbei kommt, ist die "Moscheekirche" Gazi Khassim, hier mit dem Blick Richtung Norden auf den Fernsehturm. Von den Türken zwischen 1543 und 1546 auf der Anhöhe des Hauptplatzes erbaut, wurde sie nach der türkischen Regentschaft zu einer katholischen Kirche umgebaut. Heute weist auf den Mix aus muslimischer und katholischer Architektur-Tradition nicht nur der türkische Halbmond samt Kreuz auf dem Kuppeldach hin. Auch im Inneren können sich Gläubige am katholischen Altar sowie am muslimischen Mihrab an den jeweiligen Heilsbringer wenden.

Foto: Eva Zelechowski

Zurück auf dem Hauptplatz, sollte jede/r BesucherIn unbedingt in der Virág Cukrászda auf eine der herrlichen Süßspeisen plus Kaffee oder eine heiße Weiße Schokolade vorbeischauen. Letztere ist speziell für routinierte Zuckermäuler und Süß-Gourmands zu empfehlen.

Foto: Eva Zelechowski

Etwa drei Kilometer vom Zentrum werden sonntäglich die Pforten zum großen Flohmarkt Vásártér aufgemacht. Von alt bis neu, von ungarischen Trachtenkleidern, über Biedermeier-Mobiliar bis zur eingelegten Scharf-wie-Hölle-Paprika ist hier nahezu alles aufzustöbern. Zu sehen gibt es genug, auch Lebendiges: In offenen Auto-Kofferräumen dösen zusammengekuschelte Hundewelpen und warten auf ein neues Zuhause. Historische Fundstücke inklusive: Im Bild ist bei genauer Betrachtung eine Glocke mit der Aufschrift "Titanic 1912" zu erkennen.

Foto: Eva Zelechowski

Interessante Architektur findet sich aber auch in den Randgebieten außerhalb der Altstadt. Auf die Bauart dieses Wohnhauses in der Nähe des Flohmarkts Vásártér stößt man immer wieder. Ein häufiges Bild geben die mit einem CD-Mobile verzierten Balkone, die die Ungarn gerne zur Abschreckung von Vogelvieh nutzen.

Foto: Eva Zelechowski

Als Schandfleck der Stadt gilt das Magasház (Ungarisch für "Hochhaus"). Mit seinen 84 Metern und 25 Stockwerken ragt der Koloss ignorant aus dem Stadtbild von Pécs. Im Jahr 1974 erbaut, steht es seit 1989 aufgrund zu hoher Sicherheitsrisiken leer, und ist dank dieser Tatsache im Guinness Buch der Rekorde eingetragen. Ein Abriss ist nicht möglich, da es Erdbebensicher konstruiert wurde, und bei einer Sprengung nicht in sich zusammenfallen würde, sondern eine 84 Meter lange Zone der Verwüstung hinterlassen würde. Ein unlösbarer Fall für die Stadt, wie man allerorts zu hören bekommt.

Foto: Eva Zelechowski

Pécs ist alles andere als einen flache Stadt. Stramme Waden und gutes Schuhwerk sind hier eine ideale Ausrüstung, denn immer wieder kommt man aufgrund der steilen Auf-und-Ab-Straßenzüge ins Schwitzen. Die Ungarinnen scheinen sich daran gewöhnt zu haben: Ein besonderer Verzicht auf Highheels konnte bei den Damen nicht festgestellt werden.

Foto: Eva Zelechowski

"Ich liebe dich auf ewig", heißt es für Liebespaare, die sich ihrer Zuneigung so gewiss sind, dass sie sie mit einem Schloss besiegeln wollen. Vom Szent István Platz hinunter in die Janus Pannonius Utca ist ein Gitter mit unzähligen zum großen Teil rostigen "Liebes-Schlössern" behängt. Selbiges Phänomen findet sich übrigens an der chinesischen Mauer, in Florenz und in Rom. Im wenig romantischen Souvenirgeschäft um die Ecke gibt es die Liebes-Siegel zu kaufen.

Foto: Eva Zelechowski

Es könnte ein Schauplatz für einen Clown-Horrorstreifen sein, der etwas gruselige - weil mitten in einem Wald liegende - Rummelplatz Vidámpark auf der Anhöhe der Misina Erhebung. Über dem Eingang ist zu lesen: "Erbaut im Jahre 1961 von den Arbeitern der Stadt Pécs in 76.679 Stunden gemeinnütziger Arbeit." Und obwohl auch Pécs über Praterähnliche Vergnügungsparks verfügt, muss doch festgehalten werden ...

Foto: Eva Zelechowski

... Pécs ist nicht Bécs (Ungarisch für "Wien"), worauf diese kreative Leinentasche hinweisen möchte. (Eva Zelechowski, daStandard.at, 25. März 2011)

Foto: Eva Zelechowski