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König Blatter hat sich bereit erklärt, den Fußball zu retten. "Nulltoleranz muss selbstverständlich sein."

Foto: EPA/Yusni

Zürich - Als Joseph S. Blatter am Freitagvormittag im dunkelblauen Anzug den Konferenzraum Basel des Swissôtels Zürich betrat, war eigentlich nicht mehr zu erwarten gewesen als die übliche Fifa-Verherrlichung. Schließlich ist Wahlkampf. Blatters vierte Amtsperiode ist keine gemähte Wiese, auch der Katarer Mohamed Bin Hammam spitzt auf den Job, die Entscheidung fällt am 1. Juni. Der 75-jährige Blatter hat sein Spektrum vorsichtshalber erweitert, zur Schönfärberei gesellte sich ein Hauch von Schwarzseherei.

In seiner Rede für den Kongress "Sportfinanzierung, Sponsoring und Sportwetten" forderte der Schweizer die internationalen Regierungen auf, den Fußball aus der "Geiselhaft der Wettmafia" zu befreien. "Das können wir nicht alleine!", sagte Blatter nach einigen launigen Begrüßungsworten. "Wegen des vielen Geldes ist der Fußball für die Mafia ein gefundenes Opfer. Er muss stark genug sein, gegen diese Mafia antreten zu können." Die Fifa tue alles, um den Fußball zu schützen, aber: "Wir können ja unmöglich durch Regularien eingreifen, wo es in den Bereich des Strafgesetzes geht." Deshalb, sagte Blatter weiter, "brauchen wir die Hilfe der Behörden und Regierungen. Nulltoleranz heute und morgen, Nulltoleranz muss selbstverständlich sein! Der Fußball muss auch außerhalb des Spielfeldes geschützt werden."

In Bochum sitzen derzeit die Köpfe des Manipulationsringes auf der Anklagebank, die wohl für den größten Wettskandal der Fußballgeschichte verantwortlich sind. Plötzlich, sagte Blatter, sei "unser Spiel in Geiselhaft genommen worden von der Wettmafia. Plötzlich sagt man: Im Fußball, da ist was los, da passiert was. Das ist schlecht." Wetten auf den Fußball könne man nicht verbieten. In jeder Schulklasse werde gewettet, sagte Blatter. "Aber im Fußball sollten die Wetten geordnet sein, legale Wetten. Die Versuchung ist groß, unser Spiel zu manipulieren. Das sind Menschen aus einem System, das man eigentlich nur als kriminell bezeichnen kann."

Einen Riegel vorschieben

Blatter rief das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf, bei der Bekämpfung der Manipulation an der Seite der Fifa zu stehen. "Alle Sportarten sind berührt. Gemeinsam müssen wir dem einen Riegel vorzuschieben." Aber dann war schon Wahlkampf. Blatter verwies auf seine großartigen Erfolge und bezeichnete Fußballer als "so etwas wie den sechsten Teil der Weltbevölkerung". Fußball sei an Popularität nicht zu überbieten und zudem der größte Wirtschaftsbetrieb. "Er macht 300 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr." Seinen Herausforderer erwähnte er mit keinem Wort.

Dann überraschte Blatter noch mit einer Verschwörungstheorie. Selbstverständlich ziele die Wettmafia in erster Linie auf Schiedsrichter und Spieler ab. Er vermutet aber hinter den Angriffen auch Personen und Organisationen, die argwöhnisch auf den Erfolg des Sports blicken. "Oder sind es sogar Neider, die den Fußball bremsen wollen, die ihn kaputtmachen wollen?", fragte Blatter sich selbst. Er sei optimistisch, dass der Fußball "auch diese neue Plage" der Spielmanipulationen überstehen werde. "Er hat viele andere Dinge überlebt. Wir werden das überleben!", sagte er. Die Rede schloss er mit einem Scherz ab: "Wetten wir?" Applaus. (sid, red, DER STANDARD Printausgabe, 26./27.3.2011)