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Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy drohte "allen arabischen Gewaltherrschern" mit internationalen Sanktionen.

Foto: AP/Euler

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bekräftigte beim EU-Gipfel seinen Führungsanspruch bei der Militäraktion in Libyen. Die Nato übernimmt vorläufig nur die Koordinierung. Diktator Gaddafi sucht Kontakt. 

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Die UN-Resolution zur Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen sei in einem Punkt ganz klar, bekräftigte der französische Staats-präsident Nicolas Sarkozy am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel: Es gelte die Zivilbevölkerung gegen Angriffe von Muammar al-Gaddafis Truppen "mit allen Mitteln" zu schützen. Wenn also "Panzer, Militärfahrzeuge oder Artillerie" gegen die libysche Bevölkerung zum Einsatz kämen, "dann werden sie von unseren Piloten angegriffen", unterstrich Sarkozy, "bis seine Truppen in den Kasernen zurück sind." Den möglichen Einsatz von Bodentruppen schloss er hingegen aus. Der Nato-Rat hatte zuvor im Prinzip eine Übernahme des Kommandos über die Militäraktion beschlossen, die seit einer Woche von einer freiwilligen Koalition von elf westlichen Staaten durchgeführt wird. Damit sollte der Streit um die Führung zwischen der Türkei und Frankreich entschärft werden.

Der französische Präsident machte aber deutlich, dass er die Rolle der Allianz etwas anders interpretiert: "Die Aktion wird von der Nato koordiniert. Aber die politischen Entscheidungen werden auf höchstem Niveau von der Kontaktgruppe getroffen." An der Aktion beteiligten sich mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar "zwei Staaten, die nicht der Nato angehören". Die Verantwortung über die Piloten bleibe bei den einzelnen Nationen.

Eine Sprecherin der Nato kündigte in Brüssel an, dass sich das Bündnis darauf vorbereite, eine "breitere Verantwortung" zu übernehmen als nur die Koordinierung. Nato-Militärs gehen offenbar von einem Einsatz aus, der auf drei Monate begrenzt sein soll.

Kommende Woche soll auf Einladung des britischen Premiers David Cameron ein Treffen der Gruppe auf höchster Ebene stattfinden. Sarkozy will "eine Initiative" ergreifen, was das Schicksal von Gaddafi betrifft.

Geheimdiplomatie via Wien

Auf die Frage, ob es Kontakt zu ihm gebe, sagte Sarkozy, es gebe "viele Möglichkeiten" dafür.

"Keinen Kommentar" konnte das Außenministerium in Wien zu einem Reuters-Bericht abgeben, dem zufolge Gaddafis Sohn Saif al-Islam und der Schwager des Despoten, Abdullah Senoussi, eine geheimdiplomatische Mission gestartet hätten. Über "Vermittler in Österreich, Großbritannien und Frankreich" werde versucht, Zusagen für einen Waffenstillstand beziehungsweise freies Geleit für den Machthaber zu erzielen. Quelle von Reuters sei der ägyptisch-libanesische Geschäftsmann Roger Tamraz, der seit Jahrzehnten gute Kontakte zum Regime in Tripolis hat. US-Außenministerin Hillary Clinton bestätigte in einem TV-Interview mit dem Sender ABC, dass es Personen aus Gaddafis Umfeld gebe, die in Kontakt zu treten versuchten.

Aus US-Quellen erfuhr der Standard, dass auch in umgekehrter Richtung Kanäle zu öffnen versucht wurden. Das Außenamt in Wien sollte für die Amerikaner einen Kontakt zu Saif al-Gaddafi herstellen.  (Thomas Mayer aus Brüssel /DER STANDARD, Printausgabe, 26.3.2011)