Systemisches: Österreich kreuzte mit einem 4-2-3-1 auf. Nach den Eingriffen des Teamchefs in der zweiten Spielhälfte verwandelte sich dieses in ein 4-2-?-?. Mit der Hereinnahme von Stefan Maierhofer, Ümit Korkmaz und Yasin Pehlivan für Marc Janko, Zlatko Junuzovic sowie David Alaba verfügte das Team plötzlich - je nach Rochadelaune von Marko Arnautovic - fallweise über zwei Linksaußen, zwei Rechtsaußen oder zwei zentrale Offensivkräfte. (In Momenten wo Maierhofer im Übereifer defensive Schlepp-Arbeiten übernahm konnte es passieren, dass die Mitte auch einmal gar nicht besetzt war.) Dass mit dem Plan Kuddelmuddel trocken zumachende Belgier nicht mehr erschüttert werden konnten, versteht sich vermutlich von selbst.

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Jürgen Macho: Die Position des Tormannes bedingt harte Konsequenzen, auch wenn es nur einmal nicht passt. Und es hat einmal nicht gepasst. Möglich, dass Macho vor dem 0:1 einen Moment lang den Abseitspfiff erwartete (oder erhoffte). Das elende Passivreglement kann (und muss?) in diesem Fall zweifellos wieder einmal beklagt werden. Tatsache ist, dass Österreichs Keeper um eben diesen Moment zu lange mit dem Herauslaufen zögerte und gegen Witsel zu spät kam. Auch in der Sprunghöhe zog er gegen den womöglich talentiertesten Mann auf dem Feld den Kürzeren. Beim 0:2 von seinen Vorderleuten schmählich im Stich gelassen, kam der Athener im weiteren Spielverlauf kaum mehr in Tätigkeit. So wurde ihm nicht einmal eine psychohygienische Kompensation zugestanden.

Ekrem Dag: Der neue Mann auf der rechten Abwehrseite begann sein Comeback mit einem hochriskanten Sekundenschlaf während eines weiten Abschlags des belgischen Keepers. Die Lage zu retten, gelingt im dann aber höchstselbst mittels eines delikaten Tacklings gegen den entwischten Ogunjimi im österreichischen Strafraum. Der Mann aus Istanbul traute sich in jeder Halbzeit einen bemerkenswerten Weitschuss zu, wobei jener nach einer Viertelstunde deutlich größeres Gefahrenpotenzial mit sich brachte und nur ganz knapp über die Latte strich. Hielt sich gegen Chadli ganz passabel, brachte nach vorne aber eher wenig. Spielte in der katastrophalen Fehlerkette vor dem 0:2 leider ebenfalls eine tragende Rolle durch Abwesenheit.

Emanuel Pogatetz: Wenn es über Innenverteidiger nicht viel zu sagen gibt, muss das nicht schlecht sein. Eher im Gegenteil. Der Hannoveraner spielte eine an Solidität kaum zu überbietende Partie als Stopper klassischer Prägung. Darüber hinaus gehende Impulse sind von ihm nicht zu verlangen. Versuchte sich als bekannt kopfballerfahren bei Standardsituationen entsprechend einzubringen, kam jedoch nicht zu Potte. Einer der nicht Allzuvielen im österreichischen Dress, denen Normalform attestiert werden kann.

Aleksandar Dragovic: Nichts passiert. Konzentriert, vorsichtig, kein auffälliger Patzer. In der Spieleröffnung wohl eine Spur auffälliger als sein Zentrumskollege. Manchmal hätte man sich (von beiden Innenverteidigern vielleicht ein etwas energischeres Eingreifen bei belgischen Querpässen Richtung Abwehrzentrum gewünscht. Das 0:2 traf ihn unsortiert wie die anderen Abwehrkollegen auch. Einer der nicht Allzuvielen im österreichischen Dress, denen Normalform attestiert werden kann.

Christian Fuchs: Konnte sich gegen Dembélé besser behaupten als beim Hinspiel in Brüssel gegen den diesmal verletzten Legear. Wurde jedoch auch von dem Mann aus Fulham ordentlich gefordert und wirkte nicht immer souverän. Sah sich mehrmals genötigt, sich defensiv weit ins Zentrum zu verlagern. Im Spiel nach vorne entschlossener als Dag, doch auch die Offensiv-Ansätze von Fuchs blieben Stückwerk. Eine Achse mit Arnautovic (erweitert durch einen der zentralen Mittelfeldspieler) konnte sich so gut wie nie etablieren. Die von ausgesuchter Inaktivität der Österreicher begleitete belgische Aktion vor dem zweiten Verlusttreffer nahm von seiner Seite ihren Ausgang.

Julian Baumgartlinger: Hatte zwar den Vierzehner auf dem Rücken, enpuppte sich jedoch als verkappter Achter und - angesichts der Unpässlichkeit von Junuzovic - sogar als eine Art Zehner. Überraschte als unerwarteter Antreiber, ging auf Leute zu und versuchte diese sogar zu überspielen. Etwas, das seine Kollegen an diesem Abend fast gänzlich vermissen ließen. Immer wieder energische Antritte, wovon einer in einem gefährlich abgefälschten Schuss mündete. Sehenswertester Österreicher, den im Verlauf der zweiten Halbzeit langsam aber sicher eine rechtschaffene Mattigkeit etwas zurückwarf.

David Alaba: Eigentliche Nummer acht. War als der einer gewissen Kreativiät mächtige von zwei Abräumern vor der Abwehr eingeplant und sollte neben der Erledigung seiner zerstörerischen Aufgaben vermutlich auch der Spieleröffnung dienen. Beides gelang ihm diesmal nicht. Weder gelang es dem Hoffenheimer, wie noch im Testspiel gegen die Niederlande, als Aufbauer Statur zu beweisen, noch konnte er das belgische Mittelfeld mit dem Ziel der Balleroberung in irgendeiner Weise unter Druck setzen. Alle seine Bemühungen verpufften. Zu recht (und vielleicht zu spät) durch Pehlivan ersetzt.

Zlatko Junuzovic: Schloss leider an die nicht so berauschende Vorstellung gegen die Niederlande an. Produzierte in seinem schwächsten Team-Auftritt seit einiger Zeit ein gerüttelt Maß an Fehlern. Kaum ein Pass kommt an und der Austrianer nie ins Spiel. Auch deshalb fehlte dem österreichischen Spiel jener Schuss Kreativität und Dynamik, die den Teufelskreis des gemächlichen Quergeschiebes hätte durchbrechen können. 

Martin Harnik: Zwischen ihm und Dag herrschte kommunikatives Vakuum, was niemanden wirklich überraschen sollte. Hielt seine Position an der Flanke nicht wirklich, falls er dies überhaupt sollte. Stieß konsequenter Weise auch nie in den Rücken der belgischen Abwehr vor. Auffällig die häufigen Seitenwechsel mit Arnautovic, die nicht unerhebliche Laufwege nach sich zogen. Warum diese wann vollzogen wurden blieb eines der größeren Prater-Rätsel. Eine beobachtbare Wirkung konnte dadurch jedenfalls nicht erzielt werden. Lobenswerter Weise als Aushilfe zurückgeeilt, kam er beim zweiten Tor von Witsel nicht über eine bemerkenswert unbeteiligte Rolle als Beobachter hinaus.

Marko Arnautovic: Aktion eins: ein hinterhältiger Tritt gegen Kompany. Aktion zwei: Freistoß Marke Astronautovic. Aktion drei: Tritt gegen Ciman. Aktion vier: Hochrisiko-Volley (26.). Aktion fünf: verdreht sich das Knie und verschwindet in der Folge weitgehend von der Bildfläche. Überreizte Körpersprache und Mimik: Armwacheln (je nach Lage fordernd oder wegwerfend), schmerzverzerrtes Humpeln, Maulen. Fehlanzeigen: gelungenes Dribbling, Unterstützung von bzw. Zusammenspiel mit Fuchs. Den Zerfall in der chaotischen Schlussphase unterstützte der Bremer durch willkürliche Rochaden nach Kräften.

Mark Janko: Ventilfunktion für Österreichs Anhang beim pfiffumtosten Abgang. Kam einem Tor am nächsten, verlor aber den Zweikampf gegen Belgiens Tormann Mignolet, der ihm astrein den Ball vom Fuß luchste. Beim folgenden Sturz zog er sich auch noch eine Blessur an der Schulter zu. Mark ist und bleibt Janko, also ein relativ statischer Mann im Zentrum der Zuspiele braucht. Im System mit Solospitze und im Zusammenwirken mit der belgischen Kontertaktik nach dem schnellen Führungstor hatte er es schwer. Kam kaum in die Verlegenheit einer aussichtsreichen Konstellation, da es seine Kollegen nicht schafften, Bälle in den Strafraum zu arbeiten. Griff für seine Verhältnisse zumindest vor der Pause eigeninitiativ gar nicht so selten ins Spiel ein. Sein Rundrücken sorgte in Zusammenspiel mit ungestümem Andrängen von Kompany bei hohen Bällen (die fast ausschließlich von Macho und mitnichten von Österreichs verwaisten Flügeln daherkamen) zumindest für spektakuläre Kollisionen.

Stefan Maierhofer: Stach erst einmal souverän an drei Flanken hintereinander vorbei, trat danach Cima um. Kann an guten Tagen den nimmermüden Verunsicherer geben (wie zuletzt recht sehenswert beim Spiel in Brüssel); jedoch kaum brauchbar, wenn Konstruktivität gefragt ist. Auch das Brechertum lag ihm, was bei seiner physischen Statur paradox anmutet, an diesem Abend gar nicht.

Ümit Korkmaz: In der positionellen Verwirrung, die nach seiner Hereinnahme das Team erfasste, blieb ihm nicht viel, als auf gut Glück in einen sich irgendwie auftuenden Raum zu sprinten. Auf ein Anspiel konnte er dabei nicht hoffen, da jede Vertrautheit in der österreichischen Formation verloren gegangen war. Kreierte in der 90. Minute trotzdem mittels schneller (sic!) Weiterleitung auf Harnik die zweite und letzte (Halb-)Chance Österreichs aus dem Spiel.

Yasin Pehlivan: Ersetzte Alaba und wollte an diese Aufgabe auch mit der nötigen Aufgekratztheit herangehen. Erlitt Schmerzen, als er von einem freigiebigen Belgier mit einem Doppelschlag niedergestreckt wurde. Feiner Schuss nach Zuspiel von Dag (67.). Vermochte einem sich zunehmend verfahrenden Karren keine Richtungsänderung mehr zu verabreichen. (rob)