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Eine der Pro-Assad-Demonstrationen, am Dienstag in Damaskus: Die Demonstranten beschworen die syrische Einheit.

Foto: AP/dapd/Bassem Tellawi

Dass die Regierung von Premier Otri in Syrien den Hut nehmen muss, dürfte die Demonstranten, die das Ende des Regimes Assad fordern, nicht genügen. Alles wartete am Dienstag auf die Aufhebung der Notstandsgesetze.

Damaskus - Wie andere arabische Herrscher in den vergangenen Wochen auch opferte Syriens Präsident Bashar al-Assad unter dem Druck der Straße erst einmal seine Regierung: Er habe den Rücktritt des Kabinetts von Ministerpräsident Naji al-Otri angenommen, teilte das syrische Staatsfernsehen am Dienstag mit. Assad beauftragte Otri, der seit 2003 im Amt war, gleichzeitig, die Regierungsgeschäfte weiterzuführen, bis sein Nachfolger bestimmt sei. Den Demonstranten, die seit vergangener Woche gegen das Regime auf die Straße gehen, wird das eine und das andere egal sein..

Alles wartete am Dienstag auf die von Vizepräsident Faruk al-Sharaa angekündigte Rede Assads und ob er darin die Notstandsgesetze aufheben würde, die 1963, noch vor der Machtergreifung seines Vaters Hafiz al-Assad, verhängt wurden. Diese Erwartungen hatte Präsidentensprecherin Buthaina Shaaban geweckt, die vorige Woche einen Schritt auf die Demonstranten zumachte, als sie deren Anliegen "legitim" nannte.

In den Städten um Deraa im Süden des Landes wurden aber auch danach noch Demonstranten von Sicherheitskräften getötet. Dabei verwandelte sich der Ruf nach Reformen in die Forderung nach dem Ende des Regimes Assads. In Deraa wurde eine Statue Hafiz al-Assads zerstört. Seit Beginn der Proteste sind laut unterschiedlichen Angaben der Opposition landesweit zwischen 60 und 130 Menschen getötet worden.

Am Dienstag versammelten sich im Zentrum der Hauptstadt Damaskus jedoch auch mehrere zehntausend Anhänger Assads, um ihre Unterstützung für den Präsidenten auszudrücken. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von Kundgebungen in Damaskus sowie in Aleppo und Hasaka.

"Vom Ausland gesteuert"

Die Demonstranten trugen Bilder des 45-jährigen Staatschefs und wiederholten auf Spruchbändern die Vorwürfe der Führung, die schärfsten Proteste gegen den seit elf Jahren regierenden Assad seien vom Ausland und von Kriminellen gesteuert, um in Syrien konfessionelle und ethnische Unruhen auszulösen. In der Stadt Latakiya waren am Wochenende Sunniten und Alawiten - die religiöse Minderheit, der die Assads angehören - aneinandergeraten. Assad hatte daraufhin die Armee in die Stadt geschickt.

Mit Ausnahme staatlich organisierter Kundgebungen sind in Syrien alle Demonstrationen verboten. Zu den Aufmärschen für Assad seien sie aufgefordert worden, berichteten Angestellte und Mitglieder von Gewerkschaften, die von der regierenden Baath-Partei kontrolliert werden.

Ungeachtet aller Ankündigungen äußerten Regierungsvertreter, Bürgerrechtler und Diplomaten Zweifel, dass Assad den Ausnahmezustand ersatzlos aufheben wird. Viele erwarteten die Einführung eines ähnlichen Gesetzes unter einem neuen Namen, wie etwa Terrorgesetz. (Reuters, guha, STANDARD-Printausgabe, 30.3.2011)