Graz - Im weststeirischen Deutschlandsberg erfolgte am
Montagvormittag der offizielle Startschuss für die Bauarbeiten am 20 km langen
Hauptabschnitt des Koralmtunnels (KAT2). Der Spatenstich, vorgenommen von
Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ), dem Regionalpräsidenten von Friaul-Julisch
Venetien, Renzo Tondo, EU-Vertretern und den Landeshauptleuten von Kärnten und
Steiermark, Gerhard Dörfler (BZÖ) und Franz Voves (SPÖ), ging allerdings im Festzelt
über die Bühne: an einem dort aufgeschütteten Sandhaufen.
Der
Tunneldurchschlag zur Kärntner Seite soll 2017 erfolgen. Der Vortrieb wird in
Form eines in 60 Metern Tiefe liegenden Bauschachts abgewickelt. Die Versorgung
und die Anlieferung des Materials läuft über den Lüftungsschacht in Leibenfeld.
Der Aushub wird zur Aufschüttung der Bahndämme in der Weststeiermark verwendet.
An der Baustelle sind 500 Menschen beschäftigt, die Kosten für KAT2 belaufen
sich auf rund 570 Mio. Euro. Die Gesamtkosten der rund 130 km langen Koralmbahn
von Klagenfurt nach Graz sind mit rund 5,3 Mrd. Euro veranschlagt, die
Fertigstellung ist für 2022 angekündigt. Bisher schon verbaut bzw. vergeben
wurden Arbeiten im Umfang von rund 2 Mrd. Euro.
Die Spatenstichfeier war
von der Freude über die Umsetzung des Großprojektes und die Betonung der
europäischen Bedeutung dieses Schlüsselprojektes des Baltisch-Adriatischen
Korridors geprägt. So meinte Landeshauptmann Voves geradezu überschwänglich:
"Ich küsse nicht gerne in der Öffentlichkeit, aber lassen sie mich Doris Bures
umarmen, ohne die wir nicht hier wären." Sein LH-Kollege Dörfler ergänzte: "Der
Franz hat die Umarmung, ich habe die Blumen für die Frau Ministerin. Vergelts
Gott".
Zuwachs im Personen- und Güterverkehr
Die Vertreter von Politik und ÖBB wiesen beim
Spatenstich auf die europäische und regionale Bedeutung des Vorhabens hin.
Verkehrsministerin Bures sagte: "Wir haben hier ein enormes Potenzial
im Personen- und Güterverkehrsbereich." ÖBB-Vorstand Christian Kern ist
überzeugt: "Wir erwarten uns hier auch einen massiven Zuwachs beim
Personenverkehr, eine Art Renaissance des Bahnfahrens".
Bures sprach von
der Koralmbahn (KAB) als der wichtigsten Bahnverbindungen Österreichs sowie
einer europäischen Achse. Es gehe ja nicht nur um eine einfache Verbindung. Hier
würden die Menschen künftig besser vorankommen, in einem riesigen Einzugsbereich
zwischen Baltikum und Oberitalien. "Dieser wird dann mit Hochleistungszügen
befahren", so Bures. Man habe hier ein enormes Potenzial sowohl im Güter- als
auch im Personenbeförderungsbereich.
"Historische Bedeutung"
Voves
meinte, der Koralmtunnel habe "aus gesamtösterreichischer Sicht historische
Bedeutung, da Generationen von diesen hier geschaffenen Werten profitieren. Der
Ausbau ist auch ein Animo für die Pendler und für Betriebe, sich an einem
transeuropäischem Netz anzusiedeln". Sein Kärntner Amtskollege Gerhard Dörfler
(FPK) wählte bedeutungsvolle Worte hinsichtlich des Tunnels im Rahmen
wirtschaftlicher Beziehungen Europas zum ostasiatischen Raum: "Der Endpunkt des
Suezkanals ist hier". Mit der neuen Südbahn könne Güterverkehr bis zu sieben
Tage schneller als derzeit mit Rotterdam und Hamburg durchgeführt werden. Zu
Voves gewandt meinte er, der Süden Österreichs habe gemeinsam "einige
Fast-Entgleisungen des Projekts Neue Südbahn" verhindert.
Desiree Oen vom
Kabinett des EU-Verkehrskommissars Siim Kallas erklärte, man müsse Österreich
für seine Anstrengungen danken: "Das Land liegt im Schnittbereich etlicher
Korridore, und dies ist einer längsten Alpentunnels". Man müsse sich um
alternative Verkehrsströme bemüht sein, in der Verkehrspolitik brauche es ein
Umdenken. "Die zuerzielenden CO2-Emissionsreduktionen durch Schienenverkehr
seien im Sinne der Umwelt", so Oen.
ÖBB-Vorstand Kern sagte, es werde die
Verkehrsachse in den Süden gestärkt: "Da geht es nicht nur um den Koralmtunnel.
Das inkludiere auch die Pottendorfer Strecke, den Semmeringbasistunnel Neu, den
Ausbau der Bahnhöfe und Investitionen ins rollende Material. Wenn man sich den
zu erwartenden Zuwachs an Güterverkehr von Europa mit Asien ansehe, dann könne
man auch in diesem Bereich Zuwachs erwarten. Kern: "Wer sich über den
Schuldenstand und die Kosten beklagt, der möge hierherkommen und sehen, welche
Investition dies für die Zukunft ist. Dies ist für die Politik nicht immer
leicht zu vertreten, aber die Geschichte wird ihnen recht
geben."
Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner, dessen Unternehmen die
Ausführung obliegt, sprach von erwarteten 92 Monaten Bauzeit, rund siebeneinhalb
Jahren. "Meine Kollegen haben in den vergangenen Jahren immer weit fort, z.B. in
Kanada im Tunnelbau gearbeitet, jetzt arbeiten die hauptsächlich Kärntner und
steirischen Mineure einmal in der Heimat."
Das Projekt allgemein und der
Start des Bauabschnitts stieß auch bei den Nachbarn auf Interesse: Einige
hochrangige italienische Vertreter wie der Regionspräsident von Friaul
Julisch-Venetien, Renzo Tondo, sowie Journalisten befanden sich unter den
Gästen. "In Friaul Julisch-Venetien setzen wir große Hoffnungen in die
Fertigstellung, denn noch vor 20 Jahren war unsere Region eher eine am Rande
Italiens und Europas", so ein Journalist aus Udine am Rande der
Veranstaltung. (APA)