Graz - Das römische Municipium Flavia Solva (heute Wagna bei Leibnitz in der Südsteiermark) war im dritten und vierten Jahrhundert nach Christus ein Zentrum im Südosten der Provinz Noricum. Neue Erkenntnisse über die Entwicklung der dortigen provinzialrömischen Kultur in einem ehemals keltischen Siedlungsgebiet erhoffen sich Archäologen der Universität Graz bei der diesjährigen Grabungsperiode, bei der eine im Vorjahr entdeckte Gräberstraße weiter untersucht wird.

Gräberstraße

Die römische Siedlung Flavia Solva ist in der Nähe einer keltischen Ortsgründung entstanden und erhielt ca. 70 n.Chr. unter Kaiser Vespasian das Stadtrecht. Die Ausmaße der einzigen römischen Stadt auf steirischem Boden betrugen rund 650 mal 400 Meter im Bereich der heutigen Gemeinde Wagna. "Die Gräberstraße verläuft im Südwesten von Flavia Solva. Wir sind bereits im Vorjahr im Zuge einer Grabung im Auftrag des LKH Wagna, wo im Süden ein Zubau gemacht werden soll, auf die Gräber gestoßen", so Bernhard Schrettle am Montag. Er ist Archäologe an der Universität Graz und Leiter der Ausgrabung, die nach der Winterpause mit 1. April wieder aufgenommen wird. Er schätzt, dass auf einer Länge von 300 bis 400 Metern Gräber zu finden sein könnten.

"Die Gräberstraße war von marmornen Grabbauten, kleinen Grabgärten im Ausmaß von 20 mal 20 Metern und sogar einzelnen Hügelgräbern gesäumt", schildert Schrettle die bisherigen Erkenntnisse. "Das Areal wurde vom ersten bis vierten Jahrhundert als Friedhof verwendet. Wir haben auch Teile von Urnengräbern aus der mittleren und frühen Kaiserzeit gefunden. Eine derart lange Nutzung ist ungewöhnlich", hält der Wissenschafter fest.

Das Grab einer Frau

Freigelegt wurde bisher u.a. das Fundament eines Grabbaus. Daneben befand sich ein Brunnen - er wurde zur Bewässerung der Pflanzen am Grabareal benützt, meint Schrettle. Neben dem Brunnen wurde wiederum das Skelett einer Frau gefunden, die mit einer Glasperlenkette um den Hals und Grabbeigaben - darunter vermutlich sogar eine Wegzehrung in einem Topf - bestattet worden war. "Interessant wäre für uns, herauszufinden, ob die Bestattete bereits Christin war. Bisher haben wir keinen entsprechenden Hinweis gefunden", schildert Schrettle.

Unterstützt wird Schrettle bei den Grabungen von zwei weiteren Wissenschaftern und neun langzeitbeschäftigungslosen Personen, die durch ASIST (Archäologisch-Soziale Initiative Steiermark) im Rahmen eines mit Landesmitteln geförderten Projektes (ST:WUK -Steirische Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH) eine Anstellung finden. Die Grabung in Wagna soll Ende Mai abgeschlossen sein. In Kooperation mit der Uni Graz betreibt ASIST etwa auch die Ausgrabungen in Retznei (Bez. Leibnitz), wo in den vergangenen Jahren eine großer römischer Landsitz freigelegt wurde. (APA)