Hysterie. Noch immer hören wir von Politikern, Wissenschaftern und Wirtschaftsvertretern, man solle doch angesichts der Ereignisse in Fukushima nicht in Hysterie verfallen. Besonders die Medien sind hier angesprochen. Ein Südostasien-Experte hält uns sogar die japanischen Medien in ihrer Unaufgeregtheit vor. Sollte es dem Experten entgangen sein, dass in Japan auch die Medien Teil eines großen "Harmonie"-Klubs sind, der Regierung, Bürokratie und Konzernen sozusagen strukturell verbunden ist?

Inzwischen werden aber sogar schon in den japanischen Medien kritische Fragen über die Informationspolitik und - schlimmer noch - über die Kompetenz der Regierung und der AKW-Betreiber gestellt.

Die Wahrheit ist, dass eine derartige Technologie nicht schiefgehen darf, aber der Katastrophenfall dieser Technologie sozusagen systemimmanent ist. Das hat man verdrängt und vertuscht: So große Erdbeben und so hohe Tsunamis wurden einfach nicht in die Planung von Fukushima einkalkuliert, obwohl es in der japanischen Geschichte genau das schon gegeben hat. Die Kernschmelze ist zwar schon teilweise eingetreten, ob sie bei sechs Reaktoren bzw. Zwischenlagern unter Kontrolle gehalten werden kann, ist fraglich - aber wir sollen nicht hysterisch werden.

Sollten wir auch nicht. Wir sollten ganz ruhig und cool Entscheidungsträger, die uns das eingebrockt haben, aus dem öffentlichen Leben entfernen. (rau, DER STANDARD-Printausgabe, 29.3.2011)