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Die Polizisten, die die Angeklagten im Gericht vorführten, waren zum Schutz vor möglichen Racheakten maskiert.

Foto: APA/EPA/Kovács

Budapest - Die Serie von rassistisch motivierten Morden an Roma aus den Jahren 2008 und 2009 ist nach langen Ermittlungen jetzt in Budapest vor Gericht gekommen. Der Saal des Pester Komitatsgerichts in der Thököly-Straße war übervoll von Sympathisanten der Angeklagten und der Opfer sowie Journalisten, als die vier Verdächtigen von maskierten Polizisten hereingeführt wurden.

Die Männer sind angeklagt, für den Tod von sechs Roma verantwortlich zu sein. In fünf dieser Fälle lautet die Anklage auf Mord. Auf das Konto der Angeklagten soll unter anderem der grausame Doppelmord von Tatárszentgyörgy im Februar 2009 gehen. Dort hatten die Täter zunächst das Haus einer Roma-Familie angezündet. Als die Menschen vor den Flammen nach draußen flohen, schossen die Täter auf den Familienvater, der seinen fünfjährigen Sohn im Arm trug. Beide wurden tödlich getroffen.

Nicht radikal genug

Die 90 Seiten lange Anklageschrift hält mit Nachdruck fest, dass diese Taten rassistisch motiviert und "mit militärischer Sorgfalt" geplant gewesen seien. Zwei der Verdächtigen seien im Jahr 2007 bei der Gründung der inzwischen verbotenen rechtsradikalen "Ungarischen Garde" dabeigewesen - doch deren Ziele und Methoden seien für sie nicht radikal genug gewesen.

Zur Vierergruppe gehört zudem ein früherer Berufssoldat, der sogar im Kosovo als Angehöriger der internationalen Friedenstruppe Kfor im Einsatz war. Später habe die Armee ihn dann wegen psychischer Probleme für untauglich befunden.

Die Aktionen des Quartetts begannen laut Anklageschrift im Jahr 2007 mit einem Überfall auf einen Jäger im Dorf Besenyszög in der Absicht, dessen Waffen zu erbeuten. Die Männer fesselten den Jäger, dessen Frau und deren zwei Kinder. Dann raubten sie sieben Jagdgewehre, Munition und ein Mobiltelefon. Zunächst hätten sie damit den Roma nur Angst einjagen wollen, doch später hätten sie planmäßig gemordet, mit dem Ziel, ethnische Konflikte zu schüren, schreiben die Staatsanwälte weiter.

Bei den insgesamt neun Angriffen auf Roma-Siedlungen quer durch ganz Ungarn hätten sie 78 Schüsse abgegeben und elf Molotow-Cocktails auf Häuser geschleudert. Neben den sechs Toten gab es zehn Verletzte, fünf von ihnen schwebten eine Zeitlang in Lebensgefahr. Die Verdächtigen waren Ende August 2009 verhaftet worden. Während des nun begonnenen Prozesses sollen 160 Zeugen und 30 Experten angehört werden. Das Urteil wird in diesem Sommer erwartet. (kl/DER STANDARD, Printausgabe, 29.3.2011)