Einer der Salzseen auf Christmas Island mit farbigen bakteriellen Matten.

Foto: Georg-August-Universität Göttingen

Schnitt durch eine Cyanobakterien-Matte mit Gips- und Karbonatkörnern.

Foto: Georg-August-Universität Göttingen

Die Unterwasseraufnahme zeigt eine gelb-orange Cyanobakterien-Matte.

Foto: Georg-August-Universität Göttingen

Eine Forschergruppe von Geobiologen der Universität Göttingen brach Anfang März dieses Jahres zu einer Expedition zu den Salzseen des Kiritimati-Atolls im zentralen Pazifik auf. Nun liegen bereits die ersten Ergebnisse vor - und diese haben die Erwartungen der Wissenschafter weit übertroffen.

Den Forschern unter der Leitung von Joachim Reitner und Nicole Brinkmann ging es bei den Untersuchungen der Salzseen vor allem um die Mineralbildung, die Ökologie, Artenvielfalt und Wasserchemie der seltenen und ungewöhnlichen Gewässer. Dabei konnten sie unter anderem das Alter der Seen eingrenzen und anhand von mineralischen Ablagerungen in Bakterienmatten Aufschluss über geobiologische Wachstumsprozesse gewinnen.

Fenster in die Vergangenheit

Die rund 500 kleineren und größeren Seen des Atolls weisen teilweise außergewöhnlich hohe Salzgehalte auf. "Diese Salzseen sind wie ein Fenster in die biologische und geologische Vergangenheit und erlauben Einblicke in gesteins- und mineralbildende Prozesse, wie sie in der Frühzeit der Erde vor rund einer Milliarde Jahren abgelaufen sind", erklärt Joachim Reitner. Der gesamte Seeboden ist von gallertartigen dicken Matten bedeckt, in denen krustenartige Mineralgebilde entstehen. Die Forscher haben die mikrobielle Vielfalt, die Zusammensetzung der organischen Matrix und das chemische Milieu in diesen Bakterienmatten untersucht. Sie erhoffen sich Aufschlüsse darüber, wie Mikroorganismen in der Lage sind, die Mineral- und Gesteinsbildung zu steuern.

Wie die Wissenschaftler herausfanden, haben die bis zu 15 Zentimeter dicken Bakterienmatten in den Salzseen verschiedenfarbige Zonen. Innerhalb dieser orange, grün, rot oder schwarzbraun geschichteten Zonen entstehen unterschiedliche Minerale wie Kalk (Aragonit), Gips und weitere Salze, die erst im Labor näher bestimmt werden können. Die mineralischen Lagen an der Basis der Matten sind oft fein geschichtet und zeigen einen periodischen Wachstumsprozess an. Dabei sind Strukturen entstanden, die in der Geologie als Stromatolithe bekannt sind. "Die Stromatolithe stellen wichtige Archive der Erdgeschichte dar, in denen die ursprünglichen Umweltbedingungen abgelesen werden können", erläutert Prof. Reitner. Die Bildungsbedingungen und Wachstumsprozesse dieser Strukturen sind ein zentrales Thema der Göttinger Forschergruppe.

Neue Arten in extremer Umwelt

Wesentliche neue Erkenntnisse konnten die Wissenschaftler aus der direkten Beobachtung der Vorgänge in den Matten gewinnen. Durch Messungen mit Mikrosensoren gelang es, die Verteilung der Sauerstoff- und Kalziumkonzentration sowie des pH-Wertes festzustellen. Die Ergebnisse zeigen, dass in den Matten sauerstofffreie Zonen dominieren und die damit verbundenen speziellen Stoffwechselprozesse die Mineralbildung beeinflussen. Wasserchemische Analysen ergaben außerdem zum Teil ungewöhnlich hohe Salzgehalte, wie sie zum Beispiel im Toten Meer vorkommen - optimale Lebensbedingungen für Mikroorganismen, die sich den extremen Umweltbedingungen angepasst haben.

Zudem haben die Forscher die Organismen in den Matten mit klassischen Kultivierungs- und Fixiertechniken untersucht. Die wichtigen DNA- und RNA-Untersuchungen erfolgen später im Labor. Erste Ergebnisse der Anzucht-Kulturen lassen dabei eine Vielzahl neuer Arten in den Matten vermuten. Die organische Matrix der Matten weist außerdem auf eine qualitativ und quantitativ unterschiedliche Zusammensetzung in den einzelnen Lagen hin. Die geobiologischen Untersuchungen der Göttinger Wissenschaftler legen nahe, dass die Salzseen - und damit vermutlich auch die mikrobiellen Matten - einige tausend Jahre alt sind. "Die Mattensysteme sind hervorragende Recycling-Maschinen, die oft mit geringen Energiebilanzen auskommen", so Reitner. Offenbar bildet dabei weniger salziges Grundwasser, das unter Wasser austritt, eine wichtige Nährstoffquelle für die Mikroben-Gemeinschaften.

"Die Ausarbeitung der gewonnenen Daten wird einige Zeit in Anspruch nehmen", erläutert Reitner. "Die besondere Lage, die geologische Geschichte und die habitatspezifischen Matten der Insel sind ein idealer geobiologischer Forschungsstandort, den wir sicherlich noch häufiger besuchen werden." (red)