Bild nicht mehr verfügbar.

Ausschreitungen beim Freundschaftsmatch zwischen Litauen und Polen in Kaunas.

Foto: REUTERS/Ints Kalnins

Warschau/Wien - Die EM-Endrunde 2012 in Polen und der Ukraine, sagte Michel Platini in der Vorwoche anlässlich seiner Bestätigung als Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa, sei eine "sehr große Herausforderung". Der 55-jährige Franzose bezog sich dabei auf Verzögerungen beim Stadionbau in der Ukraine. Dass die Arenen in Kiew und Lemberg erst im Oktober statt wie versprochen schon im Juni fertig werden, ist aber eine Kleinigkeit gegen die Probleme, die Polen für die Wochen zwischen 8. Juni und 1. Juli nächsten Jahres auf sich zukommen sieht.

Einen diesbezüglichen Vorgeschmack lieferten am vergangenen Freitag einige hundert polnische Randalierer anlässlich eines eigentlich wenig aufregenden Testspiels ihrer Mannschaft in Kaunas gegen Litauen. Bereits vor der Partie, die Polen mit 0:2 verlor, war es zu Ausschreitungen gekommen. Während der Begegnung bewarfen die Hooligans Sicherheitsbeamte mit aus der Tribüne gerissenen Betonteilen und mit Feuerwerkskörpern. Sie zerstörten zudem mehrere Imbissstuben im Stadion und demolierten mehr als 250 Sitze. Ein Ordner wurde schwer verletzt, weitere acht Personen trugen leichtere Blessuren davon. Die Polizei berichtete von 60 Festnahmen.

Das offizielle Polen reagierte mit Entsetzen. Von einer "Schande" für sein Land sprach Donald Tusk. Der Premierminister wollte sich formal an den polnischen Generalstaatsanwalt wenden, auf dass die Justiz mit aller Härte gegen die Hooligans vorgehe. "Das sind Banditen. Sie dürfen nicht milder behandelt werden, nur weil sie irgendwelche Fanschals tragen." Wer bewaffnet zu einem Fußballspiel gehe, dessen Platz sei im Gefängnis.

Verbandspräsident Grzegorz Lato, Schützenkönig der Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland, bei der Polen den dritten Platz belegt hatte, bewies trotz seiner 60 Jahre noch immer Zug zum Tor und fand in den polnischen Profivereinen die Schuldigen an den Ausschreitungen. "Sie lassen sich mit den Hooligans ein", sagte Lato. Als Gegenmaßnahme will er einen Fanclub der Nationalmannschaft gründen, über den die Eintrittskarten für Länderspiele verteilt würden - nur noch an registrierte Mitglieder.

Tatsächlich sind in der Profiliga Gewalttätigkeiten fast an der Tagesordnung. Erst im Jänner war ein Anhänger des Vereins Cracovia in Krakau von 20 maskierten Männern, mutmaßlich Fans des Konkurrenzvereins Wisla, zu Tode geprügelt worden. Die Hooligans bekämpfen sich vor allem gegenseitig.

Friedfertigkeit während der EM wird aber dennoch nicht von ihnen erwartet. Weshalb zum Beispiel die polnischen EM-Stadien in Warschau, Posen, Breslau und Danzig allesamt mit einem Raum gesegnet sein werden, der per Videoschaltung mit einem Gerichtssaal verbunden ist. Straftäter können damit noch an Ort und Stelle verurteilt werden. (APA, lü)