Was kann man schon von einem Element erwarten, das nach dem Gott der Unterwelt benannt ist: Plutonium ist das schwarze Schaf in der Familie der Schwermetalle.

Zugegeben: Mit Gold und Platin zu konkurrieren ist nicht einfach. Dabei glänzt das Metall hübsch silberweiß - so lange es nicht an die Luft muss. Erst dann verfärbt es sich unappetitlich schwarz. Auch ist es vielseitiger als meist vermutet: 20 verschiedene Isotope kennt der Fachmann. AKW-Angestellte und Atombombenbastler begegnen aber meist nur einer Handvoll - allen voran Plutonium 239.

Was es so ungemütlich macht, ist seine starke Strahlung. Sie reicht, um Zellen nicht nur zu schädigen, sondern zu töten. Zwar ist es auch chemisch hochgradig giftig, bevor potenzielle Opfer das bemerken würden, sind sie aber längst den Strahlentod gestorben.

50 Mikrogramm vom 239er gelten als tödlich, wenn sie eingeatmet werden. Wird Plutonium geschluckt, bedarf es der 500fachen Dosis. Auf jene Mengen umgerechnet, die im Boden bei Fukushima gefunden wurden, heißt das: Ein Mensch müsste 50.000 Tonnen dieser Erde essen, um eine letale Dosis abzubekommen.

Ein Blatt Papier reicht, um sich gegen die Strahlung des Plutoniums zu schützen: Die meisten Isotope sind Alpha-Strahler, sie verteilen ihre Energie nur in unmittelbarer Nähe und können auch gefahrlos in der Hand gehalten werden.

Gäbe es keine Kernkraftwerke, gäbe es kaum Plutonium. Gerade 20 bis 70 Kilo Plutonium hat die Natur weltweit hervorgebracht. Der Großteil ruht in Uranlagerstätten im zentralafrikanischen Gabun, wo es über Milliarden Jahre entstanden ist. In einem Reaktor geht das deutlich schneller. Plutonium entsteht dort als Brütprodukt. In manchen Reaktoren wird es als Brennstoff recycelt, etwa in Fukushima 3.

Es weiter zu nutzen ist durchaus sinnvoll - los werden wir es nämlich nicht mehr. 2,4 Millionen Jahre braucht Plutonium 239, bis es (fast) zerfallen ist, 800 Millionen Jahre lässt sich Cousin 244 fürs Verschwinden Zeit. Vergleichsweise extrem kurzlebig ist Plutonium 243 mit einer Halbwertszeit von nur fünf Stunden.

Ein Halbliterglas voll Plutonium wiegt fast zehn Kilo. Was im täglichen Gebrauch unpraktisch ist, wird bei Reaktorunfällen zum Vorteil: Aufgrund seines Gewichts blieb es nach dem Tschernobyl-Unglück großteils in unmittelbarer Nähe des Reaktors liegen. (Tobias Müller/Der STANDARD-Printausgabe, 30.3.2011)