Abuja/Wien - In Afrikas bevölkerungsreichstem Land bringen sich Armee und Sonderpolizei-Einheiten in Stellung: Die Parlamentswahlen am Samstag in Nigeria sind nur der Auftakt eines dreiwöchigen Wahlreigens - und die Angst, dass er von Gewalt überschattet werden könnte, ist groß. Tausende Sicherheitskräfte sollen dafür sorgen, dass die Wahlen geordnet ablaufen, vor allem die Präsidentenwahl, die für Samstag, den 9. April angesetzt ist. Auch die Gouverneurswahlen, die am 16. April stattfinden sollen, bergen Gewaltpotenzial.
Seit Wochen haben Konflikte zwischen den verschiedenen Kandidaten die Schlagzeilen bestimmt: Angriffe, Bombenexplosionen, Drohungen. Die größte Rebellengruppe im ölreichen Niger-Delta, die gegen die Ausbeutung der Ölindustrie kämpft, hat mit Anschlägen in Abuja gedroht.
Bei der wichtigen Wahl um das Präsidentenamt stehen die beiden Haupt-Kontrahenten für jeweils einen Part des geteilten Landes: Amtsinhaber Goodluck Jonathan von der People's Democratic Party ist Christ aus dem Süden - sein Rivale Muhammadu Buhari ist Muslim aus dem Norden.
Seit Jahren rumort es entlang dieser religiösen Bruchlinien. Vor allem in Zentralnigeria in der Gegend rund um die Stadt Jos ist es immer wieder zu blutigen Fehden, Anschlägen und Kämpfen zwischen Christen und Muslimen gekommen - allein seit Weihnachten wurden dabei mindestens 200 Menschen getötet.
Damit verbundene Machtkonflikte auf nationaler Ebene wurden bisher umgangen, weil sich die Vertreter der beiden Gruppen bei der Führung des Landes abwechselten - ein ungeschriebenes Gesetz, das bis zur Krankheit des früheren Präsidenten Umaru Yar'Adua im vergangenen Jahr nicht in Frage gestellt wurde.
Yar'Adua, ebenfalls von der People's Democratic Party, war Muslim aus dem Norden und hätte bei diesen Wahlen eigentlich ein zweites Mal antreten sollen - doch als er amtsunfähig wurde und schließlich starb, übernahm Jonathan als sein Vize vor einem Jahr das Präsidentenamt. Zu früh für einen Christen, wie einige Gruppen aus dem Norden finden.
Jonathan Sieger in Umfragen
Darauf setzt Buhari, der als Militärherrscher zwischen 1983 und 1985 an der Spitze des Landes stand. Zwar sehen die meisten Umfragen Jonathan als den klaren Sieger - das größte Institut Nigerias sagte ihm 66 Prozent Zustimmung voraus. Buhari kommt demnach auf 19 Prozent. Doch weil Jonathan nicht nur eine Mehrheit, sondern auch mindestens 25 Prozent in zwei Drittel der 36 Bundesstaaten erhalten muss, um zu gewinnen, gilt eine Stichwahl als ein mögliches Szenario. (raa/DER STANDARD, Printausgabe, 31.3.2011)