Ethik ist offenbar ein gewerkschaftlich höchst diffiziles Problem. Immerhin finden sich auf der Teilnehmerliste für die parlamentarische Enquete zum Ethikunterricht gleich vier Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Die sind aber nicht genug. Ein ÖGB-Vertreter darf ebenso sprechen wie alle anderen Sozialpartner, die Parteien sowieso. Und - natürlich - alle 14 anerkannten Kirchen, jeweils in doppelter Stärke, von der katholischen Kirche bis zu den Zeugen Jehovas.

Klingt nach: "Gott und die Welt" debattieren im "Tempel der Demokratie". Fast. Eine Gruppe fehlt: die Betroffenen. Die rund zwei Millionen Konfessionsfreien. Ausgerechnet sie auszuschließen ist ein Affront. Immerhin sind es sie bzw. ihre Kinder, die für den Ethikunterricht in der Oberstufe quasi zwangsrekrutiert werden sollen. Denn der Plan ist ja, dass nur jene Schülerinnen und Schüler den Ethikunterricht besuchen müssen, die ihr Heil nicht in konfessionellen Heilsversprechen zu finden glauben.

Der getrennte Unterricht von konfessionell gebundenen und freien Kindern in grundsätzlichen Fragen des (Zusammen-)Lebens ist in einer (angeblich) säkularen, jedenfalls immer pluralistischeren und multikulturelleren Gesellschaft an sich schon absurd. Aber so eine Einladungsliste für eine parlamentarische Enquete, die sich als religiös-politischer Event im Namen der Ethik geriert, ist eine hegemoniale Geste der religiösen Mehrheit, die inakzeptabel ist. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.3.2011)