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Claudia Heill...

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...an ihrem größten Tag: am 16. August 2004 gewann sie olympisches Silber.

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Österreichs Judosport trauert um Claudia Heill und damit eine seiner erfolgreichsten Athletinnen. Die 29-jährige Olympia-Silbermedaillengewinnerin von Athen 2004 ist am Donnerstag um 3.15 Uhr nach einem Sturz aus dem sechsten Stock ihres Wohnhauses in Wien-Landstraße tot aufgefunden worden. Zu den genauen Hintergründen ist bislang nichts bekannt, lediglich Fremdverschulden schließt die Polizei laut Pressesprecherin Iris Seper im Gespräch mit derStandard.at aus. Abschiedsbrief wurde keiner gefunden.

Heill war gerade einmal 22 Jahre alt, als sie am 17. August 2004 ihren Karrierehöhepunkt feierte. "Ich habe mich vor niemandem gefürchtet", sagte die selbstbewusste Sportlerin, nachdem sie bei den Spielen in Athen mit dem zweiten Platz für die erste und bislang einzige Olympia-Medaille einer österreichischen Judoka gesorgt hatte.

Akribisch hatte sich Heill mit ihrem langjährigen Trainer Hubert Rohrauer auf das Großereignis vorbereitet. Elf Jahre alt war sie, als Rohrauer sie unter ihre Fittiche nahm. Und sie blieben einander auch weiterhin verbunden, als Heill im Juni 2009 ihre Karriere beendete. Rohrauer fand am Donnerstag keine Erklärung für das Geschehene.

"Wir waren noch am Abend davor zusammen, niemand konnte die Kurzschlusshandlung von Claudia erahnen", sagte er. "Sie war eine Perfektionistin, hatte einen starken Willen." Erst Knieschmerzen und der Wechsel von Rohrauer zum israelischen Verband nahmen ihr 2009 die Lust, Freude und Motivation, ihren Spitzensport weiter auszuüben. Der Liebe zum Judo tat das freilich keinen Abbruch. Sie werkte im Marketing des Organisationskomitees für die Heim-EM 2010 in Wien, bis Ende Februar 2011 brachte sie Nachwuchs-Judoka im Leistungszentrum Südstadt auf Vordermann.

Den Posten als Trainerin gab sie nur auf, um weiter an ihrer "Karriere danach" zu feilen: Sie wollte sich auf ihr Studium an der Fachhochschule für Sportwissenschaften in Wiener Neustadt konzentrieren. Den Lehrgang "Training und Sport" besuchte die Studentin seit 2008.

Mit der Ausbildung, sagte Heill vor Jahren noch als Aktive in einem Standard-Gespräch, wollte sie das schaffen "was mir als Judosportlerin nicht gelungen ist: nämlich den Sport an den Mann zu bringen." Als Neo-Funktionärin blieb Heill weiter dem Judo-Verband treu, und für den Weltcup in Oberwart war sie jüngst als Werbeträgerin unterwegs.

Zuletzt stand sie als Kandidatin zur Athletenvertreterin im Vorstand der Österreichischen Sporthilfe zur Verfügung. Am 18. März schrieb Heill oder jemand in ihrem Namen in der Facebook-Gruppe "Let's vote 4 Claudia Heill": "Es ist mir eine besondere Ehre, dass ich neben zwei großartigen Sportlerinnen wie Judith Draxler und Vera Lischka, zur Wahl als Athleten-Vertreterin vorgeschlagen wurde. Ich hoffe auf Eure Unterstützung!"

Für ihren Sport zu kämpfen lernte Heill sehr früh. Die Eltern hätten ihre Tochter in der Volksschule Waldkloster lieber singen oder tanzen gesehen. Doch statt für das Freifach Spielmusik oder Ballett entschied sich die Siebenjährige lieber für Judo. Zum Spaß kam der notwendige Ernst dazu, als sie ihren Trainer Hubert Rohrauer kennenlernte. Gemeinsam mit ihm bastelte Heill an ihrer Technik. Mit Junioren-EM-Gold 1998 machte sie erstmals auf sich aufmerksam, bis Olympia 2004 wurde bei den Großen weitergesammelt: EM-Silber 2001, EM-Bronze 2002 und 2003.

Auch nach den Spielen in Athen blieb Heill mit EM-Silber (2005) und -Bronze (2007) erfolgreich. Probleme mit ihren Knien warfen die Sportlerin aber immer wieder zurück. Bis 2005 musste sie sich vier Kreuzbandoperationen unterziehen. "Da macht man sich schon Gedanken, was nach dem Sport sein wird", sagte Heill bei ihrem Rücktritt 2009.

"Gekämpft bis zum Schluss"

Der fünfte Platz bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking war ihr letzter Auftritt auf internationalen Judo-Matten. London 2012 wollte sich Heill nicht mehr antun. "Ich habe nach meinen zweiten Olympischen Spielen eine Auszeit genommen, um zu sehen, ob ich mich noch einmal motivieren kann", sagte sie. "Ich kann mir nicht vorwerfen, dass ich nicht gekämpft habe bis zum Schluss. Ich habe dem Judo immer alles untergeordnet."  (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 1. April 2011, krud/red)