Ab Dienstag mit Färjestad im Finale um die schwedische Meisterschaft, ab kommender Saison Trainer in Wien: Tommy Samuelsson.

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Er war missglückt, der Abschied Kevin Gaudets aus Wien. Weniger aufgrund des vierten Halbfinal-Outs in seinem vierten Trainerjahr bei den Capitals, sondern vielmehr durch die Art und Weise, wie der Abgang auf Raten nach außen hin kommuniziert wurde. Schon im Dezember war in Gaudet-Interviews zwischen den Zeilen ein Ende der Kooperation zwischen dem Coach und dem Klub per Saisonende herauszulesen und -hören, offiziell verkündet hat der 47jährige dieses dann in einer TV-Diskussion Anfang März. Die Capitals schienen überrumpelt, zeigten sich überrascht. Für Gaudet war die Bekanntgabe jedoch eine Art Befreiungsschlag, nie zuvor in seinen vier Jahren in Wien (250 Spiele, 148 Siege) gab er unterhaltsamere und erfrischendere Interviews als in den vergangenen Tagen.

Ex-WEV-Crack als Nachfolger
Nach drei Wochen intensiver Verhandlungen haben die Capitals nun nur zwei Tage nach ihrem Saisonende den Nachfolger Gaudets präsentiert. Mit Tommy Samuelsson (51) übernimmt erstmals ein Schwede das Trainerzepter in Kagran - an einem Ort, an dem er als Spieler selbst zwei Jahre lang aktiv war (63 Einsätze für den CE Wien bzw. den WEV am Ende der 1990er-Jahre). An der Donau beendete er damals seine beeindruckende Karriere mit 674 Elitserien- und 215 Länderspieleinsätzen.

Paradigmenwechsel
Die Verpflichtung Samuelssons ist ein weiteres Puzzleteil der Imagekorrektur der Capitals in der jüngeren Vergangenheit. Schritt für Schritt entsagte die Klubführung dem kurzsichtigen, auf raschen Erfolg ausgerichteten Weg, immer mehr nachhaltige und zukunftsorientierte Konzepte fanden in den letzten Jahren Eingang in die Vereinspolitik. Diese Tendenz wird mit der Ernennung von Tommy Samuelsson zum neuen Headcoach fortgeschrieben, liegen die Stärken des Schweden doch eindeutig in der - auf modernen Trainingsformen aufbauenden - individuellen Weiterentwicklung von Spielern. Für einen Klub, dessen personalpolitischer Fokus in der letzten Dekade vornehmlich auf der Verpflichtung "fertiger" Spieler lag, ein bemerkenswerter Paradigmenwechsel.

Ab September haben die Capitals eine dann 7.000 Zuseher fassende Schultz-Halle zu füllen, dass sie nun über den Sommer zu einem vorbildhaften Ausbildungsverein mutieren, ist daher freilich nicht zu erwarten. Doch ist ein Trainer Samuelsson ein klarer Beleg für eine sich langsam verändernde Philosophie nördlich der Donau. Ins Bild passt da auch, dass der neue Coach gleich bis zum Sommer 2013 unter Vertrag genommen wurde.

Lange Jahre in Karlstad
In zehn der letzten zwölf Spielzeiten gehörte Samuelsson dem Trainerstab des Färjestads BK an, sechs Mal erreichte der Klub aus Karlstad in dieser Zeit das Finale der Elitserien, auch heuer steht man im Endspiel. Österreich-Erfahrung als Trainer holte sich "Sammen" 2004/05 beim HC Innsbruck, im Jahr darauf führte er Skellefteå und Daniel Welser in die höchste Spielklasse. Dazu kommen vier Jahre als Co-Trainer der schwedischen Nationalmannschaft (2002-2006), die in der Goldmedaille bei den Olympischen Winterspielen in Turin ihren krönenden Abschluss fanden.
Kurzum: Wo Samuelsson ist, dort ist auch der Erfolg nicht weit. Es ist davon auszugehen, dass dem auch in Wien so sein wird.

Europäische Ambitionen
Doch die Verpflichtung des Schwedens ist nicht nur Indiz für den Wandel der "capitalen" Vereinspolitik, sie unterstreicht indirekt auch die kontinentalen Ambitionen des Klubs. Die Pläne einer europäischen Profiliga wurden in den letzten Jahren im direkten Umfeld Samuelssons geboren und vorangetrieben - Ideen, an die auch der Wiener Neo-Coach glaubt. Dementsprechend ist mit dem baldigen Einstieg des Vereins aus der Bundeshauptstadt in die sommerliche European Trophy zu rechnen. Für die Capitals der erste große Schritt in Richtung europäischer Zukunft, für Samuelsson ein Mitgrund für seinen Wechsel nach Wien.

Neue Philosophie, neue Halle, langfristig wohl auch eine neue Liga - die Capitals haben damit begonnen, perspektivisch und längerfristig zu denken. Ein Prozess, für dessen Begleitung es in Europa gegenwärtig kaum einen besseren Trainer als Tommy Samuelsson gibt. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 31.März 2011)