Aleksandra Mir inszenierte 1999 an der niederländischen Küste eine Kraterlandschaft, um ein wichtiges Ereignis in die Welthistorie einzuschreiben: "First Woman on the Moon".

Foto: Kunsthalle Wien

Wien - "Bin ich der erste Mann im Weltraum oder der letzte Hund", lässt Lena Lapschina ihren Comic-Gagarin im Kosmonauten-Outfit in Anspielung an die bellenden Raumfahrer Laika, Belka und Strelka fragen.

An Hündin Laika, die im November 1957 nur wenige Stunden nach dem Start der Mission Sputnik 2 einen Heldentod starb, erinnert in der Ausstellung Weltraum, die Kunst und ein Traum sonst jedoch nichts. Dabei war ihre Mission nicht unwesentlich. Letztlich ermöglichte diese die erste bemannte Raumfahrt mit Juri Gagarin am 12. April 1961. Jenes nun zum 50. Mal jährende historische Ereignis gab aber den Anlass zur Schau.

In einem düsteren Eck, diagonal genau gegenüber von Lapschinas nachdenklichem Gagarin, wird aber doch noch anderen Heroen der Raumfahrt gedacht: 1971 wurde der Künstler Paul Van Hoeydonck von der Nasa beauftragt, zu Ehren der Astronauten, die ihr Leben für die Weltraumforschung ließen, ein Denkmal zu schaffen - ein Denkmal für den Mond! Dort, mehr als 364.000 Kilometer von der Erde entfernt, liegt sein Fallen Astronaut aus Aluminium im Mondstaub. Da natürlich ein Gedenken vor Ort unmöglich ist, hat die Argentinierin Amalia Pica das Dokumentationsfoto für eine andächtige Inszenierung genutzt.

In einem anderen Winkel der Halle scheint trotz Windstille Gianni Mottis lebensgroße Replik der US-Flagge vom Mond zu wehen und erinnert an das "Space Race" zwischen Ost und West. Und so finden sich daher auf der anderen Hemisphäre des White Cube auch Devotionalien zu Gagarin: Plaketten, Büsten, Zeitungsausschnitte und allerlei Krimskrams, die Walter Famler zusammenstellte. Famler, Ideengeber der Ausstellung, ist Gründer - und wie er sagt "Kommandant" - der Bewegung "Kocmoc/Gruppe Gagarin", die das Andenken an den ersten Menschen im Weltall hochhält. Vier Arbeiten in vier Ecken, die das faszinierende Thema wie ein Himmelszelt aufspannen. Dazwischen widmen sich knapp 50 weitere Künstler den unendlichen Weiten des Kosmos. Neun sich nahtlos aneinanderfügende Kapitel (und ein umfangreiches Begleitprogramm) illustrieren den symbolisch aufgeladenen Raum.

Realität toppt Kunst

Von der "technologischen" bis zur "utopischen Perspektive" reicht die Mission, die viele bildgewaltige Ausstellungsstücke parat hat - darunter Mariko Mori als dreidimensionale Kosmo-Queen; oder die ironischen Alien-Narrationen des russischen Duos Dubossarsky und Vinogradov - in grellbunter Pop-Ästhetik. Freilich fehlen auch die Warhol'schen Moonwalker nicht. Aber gerade die unauffälligeren, weniger mit dem Reiz des Visuellen spielenden Werke beeindrucken nachhaltig: subtile Filme wie jene von Basim Magdy, Jen Liu oder Deimantas Narkevièius. Womöglich, weil in Bezug auf den Kosmos die Realität atemberaubender ist als jede künstlerische Idee. Daran erinnern auch die Sternbilder aus dem Schmidt-Teleskop, denen Thomas Ruff zu ikonenhafter Wirkung verhalf.

Schön die sich auftuenden Hörwelten: angefangen bei der Musik von Sun Ra bis Brian Eno über Virginie Yassefs Collage extraterrestrischer Sounds aus Filmen wie Mission to Mars oder Abyss. Beim legendären Hörspiel War of the Worlds, das 1938 eine Massenpanik auslöste, fehlt nur noch das Sofa zum besten Genuss. Ein 1899 aufgeschlagener Meteorit und eine Installation Nives Widauers leiten über zum Kooperationspartner Naturhistorisches Museum: Weitere vier Kunstwerke drohen dort im musealen Kontext nahezu unterzugehen. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 1.4.2011)