Tunis - In Tunesien finden die Kundgebungen gegen die amtierende Übergangsregierung auch nach der Entfernung von ehemaligen Parteigängern des geflüchteten Ex-Machthabers Zine El Abidine Ben Ali kein Ende. Ministerpräsident Beji Caid Essebsi hat vor erwarteten Freitags-Demonstrationen im Regierungsviertel von Tunis ein Ende der Proteste gefordert. "Meetings und Sitzstreiks sind nur dann zu tolerieren, wenn die dabei erhobenen Forderungen legitim sind", sagte der Premier im Fernsehen. Am Donnerstagabend hatten mehrheitlich jugendliche Demonstranten auf einer Versammlung im Stadtzentrum der provisorischen Regierung "Passivität" vorgeworfen und einen "konkreten Wandel" verlangt.

An der Spitze des Innenministeriums hat unterdessen ein Wechsel stattgefunden. Auf Vorschlag von Premier Essebsi berief Interims-Präsident Foued Mebazaa den bisherigen Ressortchef Farhat Rajhi ab. Zum neuen Innenminister ist der 61-jährige Agronom Habib Essid ernannt worden. Ihm wird angekreidet, dass er unter der Herrschaft Ben Alis als Kabinettsdirektor der jeweiligen Minister im Landwirtschafts- und anschließend im Innenministerium tätig gewesen war. Essebsi hatte beteuert, seine Minister seien Fachleute ohne Verbindung zum "System Ben Ali", dessen Machtinstrumente man zerschlagen werde.

Ben Alis einstige Staatspartei "Rassemblement constitutionnel démocratique" (RCD) ist durch Gerichtsbeschluss für aufgelöst erklärt worden. Politische Aktivitäten waren ihr schon nach Ben Alis Flucht nach Saudi-Arabien im Jänner untersagt worden. Essebsi selbst war unter dem 1987 von Ben Ali abgesetzten Präsidenten Habib Bourguiba Minister und auch Sicherheitschef gewesen. (APA)