Im Extrazimmer des Gasthauses Sperl im vierten Wiener Gemeindebezirk hält man derzeit Wahlvorgänge als provokante Leerläufe der Demokratie hoch: Urnengänge mit offenem Betrug und Nummerngirl-Aufputz. Eine wahre Flut von Wahlgeschenken, die die Schauspieler des Wiener Unterhaltungstheaters (WUT) danach manisch verteilen, tröstet das Publikumsvolk über den Umstand der eigenen Ohnmacht schnell hinweg. Kniff: Ein jeder spielt am ausgewiesenen Selbstbetrug auch noch lachend mit!

Ein zweigängiges Menü (Putengulasch oder Spargelstrudel) sicherte rechtzeitig vor Beginn des ersten Wahlgangs die Gunst des Publikums. Die Populisten hatten dies bitter nötig. Denn Michael Cerha hat ihnen - in Anlehnung an Aristophanes' Komödie Die Ritter - vorzügliche Lügensätze aufgedrückt. In 22 Szenen wird Politik getrieben: mittels Glückskeksen und einem feuchten Händedruck.

Unter dem Vorwand des Unfugs (WUT nennt sich auch "Wüstes Unfug Theater") erheben sich die äußerst kurzweiligen Aktionen zu ernsthaften Positionen. Auch in Liedform - anstelle des griechischen Chores.

WUT - in der aktuellen Formation bestehend aus Michael Aichhorn, Anselm Lipgens, Hagnot Elischka, Günther Rupp und Klaus Tauber - betreibt stets offenherzig auch Aufklärung: "Glaube Liebe Öffnung" heißt's. Das mit der Hoffnung war leider immer ein Irrtum. (afze/ DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2003)