Immer dann, wenn es ganz besonders dick kommen soll, wenn es heißt, der Verkehr in ganz Wien werde apokalyptisch darniederliegen - dann funktioniert es auf einmal besser als sonst. Drei, vier Kilometer Stäuchen hinter den Bummel-Brummis - was ist das schon, verglichen mit 20, 30 Kilometer nach einem Unfall?
Dass die 25 Jahre alte Tangente längst kein Allheilmittel mehr, sondern hoffnungslos überlastet ist - das ist keine Neuigkeit. Dass die Südostumfahrung S1 (früher B301) dem keine Abhilfe schaffen wird, aber auch nicht. Sogar seitens der Errichtungsgesellschaft Ösag hatte man immer wieder betont, dass die Südostumfahrung keine Entlastung für die A23 bringen - sondern nur zusätzlichen Transitverkehr aufnehmen werde.
Versprechungen
Eines war allerdings auch immer wieder versprochen worden: dass schon vor dem Straßenbau auch der öffentliche Verkehr ausgebaut werden müsse, um der Bevölkerung Alternativen anbieten zu können. Die Verlängerung von U1, U2 und U6 nach Norden ist eine Sache - aber längst nicht alles: Was ist mit der Verdichtung der S80 am Marchegger Ast? Wo bleibt der Zentralbahnhof? Vor allem aber: Wann kommt endlich der längst überfällige Ausbau der Bahn zu unseren östlichen und nördlichen Nachbarländern? Stattdessen zieht es die öffentliche Hand vor, die ÖBB zu filetieren, wodurch diese gegenüber der Straße weniger wettbewerbsfähig zu werden droht.
Auch hier macht sich das Semmering-Phänomen bemerkbar: Bei diesem geplanten Bahntunnel warf sich ein Landeshauptmann umweltschützend vor die Schienen mit dem Argument: Der Berg drohe zu verbluten. Ein paar Meter weiter oben feiert derselbe Landeshauptmann den Bau eines Autotunnels. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2003)