Brüssel - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beanstandet in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil die spanischen und britischen Regelungen über Golden Shares, mit denen der Staat feindliche Übernahmen von Unternehmen verhindern will. Laut EuGH widersprechen sie dem freien Kapitalverkehr in der EU.

Konkret geht es um ein spanisches Gesetz, das die Veräußerung von öffentlichen Beteiligungen an Unternehmen wie Repsol (Erdöl und Energie), Telefónica (Telekommunikation), Argentaria (Bank), Tabacalera (Tabak) und Endesa (Elektrizität) regelt. Demnach sind vorherige Genehmigungen bei wichtigen Entscheidungen (Auflösung, Spaltung, Verschmelzung, Änderung des Gesellschaftszwecks, Veräußerungen) nötig.

Allgemeininteresse

In der Satzung der British Airports Authority plc (BAA), eines privatisierten Unternehmens, dem eine Reihe internationaler Flughäfen im Vereinigten Königreich gehören, wird eine Sonderaktie zugunsten der britischen Regierung geschaffen, die sie ermächtigt, bestimmte Handlungen der Gesellschaft zu genehmigen. Laut Urteil führen die spanische und die britische Regelung zu Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten.

Der EuGH weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass Beschränkungen gerechtfertigt sind, wenn die Sonderaktien im zwingenden Allgemeininteresse liegen und in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel stehen, was bei den beanstandeten Regeln aber nicht der Fall sei.

Richtungsweisend

Das Urteil ist richtungsweisend, da etliche andere Klagen anhängig sind. Die EU-Kommission sieht durch das Urteil vor allem ihr umstrittenes Vorgehen gegen das deutsche VW-Gesetz bestätigt. Das Urteil der Luxemburger Richter gebe eine klare Linie zur nationalen Unternehmensgesetzgebung vor, erklärte ein Sprecher von Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein. Obwohl das VW-Gesetz nicht als klassische Goldene Aktie gilt, sieht die EU darin einen Verstoß gegen die EU-Verträge und hat im März ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet. (Katharina Krawagna-Pfeifer, DER STANDARD, Printausgabe 14.5.2003)