Luxemburg - Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung können sich künftig auch im europäischen Ausland ambulant behandeln lassen. Die Krankenkassen müssen auch ohne vorherige Genehmigung die Kosten erstatten, urteilte am Dienstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zu zwei Fällen aus den Niederlanden. Wie in Deutschland besteht dort ein so genanntes Sachleistungsprinzip, das den Versicherten eine kostenlose Behandlung bei Vertragsärzten garantiert. Zur Begründung hieß es, Arztbesuche im Ausland könnten das Gesundheitssystem wohl kaum aus dem Gleichgewicht werfen. Demgegenüber sei bei Krankenhausbehandlungen eine vorherige Genehmigung gerechtfertigt.

Wie in Österreich besteht auch in den Niederlanden ein Vertragssystem zwischen den Krankenkassen und niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen. Von Notfällen abgesehen wurden Behandlungen bei vertraglich nicht gebundenen Ärzten im In- und Ausland nur in Ausnahmefällen und nach vorheriger Genehmigung bezahlt. Neben Urlaubern ist das Urteil vor allem für Patienten und auch Ärzte in den Grenzregionen interessant. Der EuGH betonte allerdings, dass nationale Begrenzungen des Leistungsumfangs auch bei einer Behandlung im Ausland wirksam bleiben. Urteil

Konkret entschied der EuGH zu einer niederländischen Versicherten, die ihren Urlaub in Deutschland für einen Besuch beim Zahnarzt nutzte; einer Weiteren waren die Wartezeiten für eine Kniegelenks-Spiegelung in den Niederlanden zu lang, und sie begab sich daher für den Eingriff nach Belgien. Eine Genehmigung ihrer Krankenkasse holten beide sich vorher nicht ein. Daher weigerten sich die Kassen, die Kosten zu erstatten.

In seinem Urteil erklärte nun der EuGH, trotz der nationalen Zuständigkeit für das Gesundheitssystem müssten die einzelnen EU-Staaten hierbei die europäischen "Grundfreiheiten" wie den freien Dienstleistungsverkehr beachten. Durch den Genehmigungsvorbehalt würden aber Patienten gehindert, Ärzte und Krankenhäuser im Ausland zu besuchen. Dies sei nur bei Krankenhausbehandlungen gerechtfertigt, weil Auslandsbehandlungen hier das nationale Versorgungssystem aus dem finanziellen Gleichgewicht bringen könnten. Bei normalen Arztbehandlungen dagegen sei es kaum denkbar, dass sich derart viele Patienten ins Ausland begeben, dass das System ins Wanken kommen könnte. (APA/AFP)