Turin - Italiens angeschlagener Fiat-Konzern setzte im ersten Quartal 2003 seine Talfahrt fort und hat trotz massiver Beteiligungsverkäufe die Nettoverbindlichkeiten weiter erhöht. Der erst seit wenigen Wochen amtierende Fiat-CEO Giuseppe Morchio will daher bis Mitte Juni einen neuen Sanierungsplan präsentieren, nachdem der vor knapp einem Jahr veröffentlichte Geschäftsplan weitgehend Schiffbruch erlitten hat. Zur Diskussion steht auch ein neuerlicher Manager-Wechsel bei Fiat Auto. Angeblich steht der Rückzug von Fiat Autochef Giancarlo Boschetti kurz bevor.

Verhandlungen mit General Motors

Wie Konzernpräsident Umberto Agnelli bei der HV in Turin bestätigte, werde er zu Wochenmitte gemeinsam mit CEO Giuseppe Morchio in die USA fliegen, um dort mit General Motors den neuen Geschäftsplan zu diskutieren. Auch will man den US-Partner überzeugen, sich an der Kapitalaufstockung von Fiat Auto zu beteiligen.

Fiat Auto plant innerhalb der kommenden 18 Monate eine Kapitalerhöhung von bis zu fünf Mrd. Euro. Die GM-Gruppe, die 20 Prozent von Fiat Auto hält und von 2004 an möglicherweise die restlichen 80 Prozent (Put Option) übernehmen muss, machte bisher keine Zusage für ihre Beteiligung an der Kapitaloperation. Die Gläubigerbanken sind von Fiat inzwischen gebeten worden, eine Wandelanleihe von drei Mrd. Euro in einen einfachen Kredit umzuwandeln. Obwohl dafür höhere Zinsen zu zahlen sind, bevorzugt Fiat diese Variante, weil die vereinfachte Kapitalstruktur eine Aktienemission erleichtere.

Neue Automodelle ab Jahresmitte

Der Fiat Konzern hat im ersten Quartal 2003 einen konsolidierten Nettoverlust von 699 Mill. Euro geschrieben. Der Verlust lag nicht nur über den Vergleichsergebnissen des Vorjahres (663 Mio. Euro) sondern übertraf auch die bereits negativen Erwartungen der Analysten. Fiat Auto SpA hat im ersten Quartal einen operativen Verlust von 334 Mio. Euro verzeichnet. Der Autoabsatz fiel um 19 Prozent auf 419.000 Fahrzeuge zurück. Nun hofft das Fiat-Management auf die neuen Modelle, den Kleinwagen Fiat Gingo, Fiat Idea, Lancia Ypsilon und Alfa GT Coupé. Die neuen Wagen werden ab Jahresmitte auf den Markt kommen.

Auch wenn die Ende März von 3,8 auf 5,2 Mrd. Euro erhöhte Nettoverschuldung saisonal bedingt ist, konnte der erwartete Schuldenabbau nicht erreicht werden. Am schwersten lastet der weit verbreitete Pessimismus über die Geschäftsentwicklung auf dem Konzern. "Es ist unrealistisch, dass Fiat Auto in absehbarer Zeit ein Niveau erreicht, das zufrieden stellend ist", meint Jürgen Piper vom Bankhaus Metzler. Mögliche, positive Effekt der neuen Modellpolitik werden frühestens im vierten Quartal 2003 erwartet. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe 14.5.2003)