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Foto: Archiv

Wie war das noch? Schweißhände beim Tanzunterricht? Verstohlen ausgetauschte Blicke? Die bange Frage wahlweise nach Feuer, Begleitung oder nach der Möglichkeit des Durststillens? Hoffnungslos veraltet. Heute klingt das so: "Ich gehe gern ins Kino." – "Ich auch. Du, sind deine Brüste echt?"

In "Dismissed", der neuen Show des Musiksenders MTV, flirten junge Menschen vor laufender Kamera. Zwei Burschen werben um eine Frau, danach zwei Frauen um einen Burschen. Seit Anfang Mai bietet der Sender eine deutsche Version dieses seit letzten Sommer eingeführten amerikanischen Formats an. Schon jetzt zeigt sich: Einen Unterschied der Kulturen gibt es zumindest hier nicht.

Da wie dort geht es möglichst ruppig und garantiert frei von jeglichen romantischen Prätentionen zu. Wenn sie sich nicht küssen lassen will, ist sie ein "Weichei", Geschlechterrollen sind beiderseits des Ozeans festgeschrieben, und sowohl der amerikanische als auch der bundesdeutsche Verlierer verkraftet die Schmach des Abgewiesen werdens nur schlecht.

In diesem Sinne ist "Dismissed" Realityfernsehen pur: Der Sender macht sich einen Traum zunutze, den Teenager nicht erst seit MTV träumen: einmal berühmt sein. Dafür darf Thilo seine Nase in Ninas Dekolleté stecken, Maik über Franziska sagen, sie sei ein "Superleckerli", und deshalb will Jens im Swimmingpool an den zwei Bikinischönheiten ertasten, wer wer ist.

Die deutschen Folgen sind ein Erfolg. Der freilich aufgrund der Programmierpraxis von MTV vergänglich sein könnte: Allein diese Woche steht "Dismissed" genau 17-mal am Spielplan. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe vom 14.5.2003)