So ein Brief braucht gut Weile: Ein BKA-Brief, am 10. April verfasst, erreicht die Wiener Festwochen am 9. Mai und daran ist die Post unschuldig: Der Brief wurde von der Kunstsektion des BKA erst am 8. Mai aufgegeben.

Grafik: STANDARD

Nachdem Kunststaatssekretär Franz Morak in seiner bisherigen Amtstätigkeit immer wieder Evaluierungen und Effizienzstudien für diverse Kulturvereine und Institutionen verordnet hat, wird er nun um einen weiteren Schritt in Sachen moderner Unternehmenskultur nicht ganz herumkommen: Nach irritierenden Fehlleistungen in den letzten Monaten bedarf wohl gerade das Kunststaatssekretariat einer substanziellen Umgestaltung und Supervision - in struktureller wie in personeller Hinsicht.

Zuletzt wurde schon in Angelegenheiten der österreichischen Filmjahresschau Diagonale deutlich: Sowohl die interne Entscheidungsfindung im BKA wie auch die Kommunikation nach außen sind einigermaßen desolat.

Die Folgen waren eine um Monate verspätete Neuausschreibung der Intendanz (sofern es einer Neubesetzung derselben überhaupt bedurft hätte) und das - gelinde gesagt - schwer nachvollziehbare Engagement der Beratungsfirma Ecker & Partner für die Vorauswahl von Kandidaten. Resultat: ein Szenario verbrannter Erde, angesichts dessen man nur hoffen kann, dass die bis dato erfolgreiche Diagonale nicht wieder bei Null beginnen muss.

Fehlleistungen?

Wer nun meint, dass sich Morak und sein Team hier ein- und erstmalig auf einem komplexeren, weil sehr speziellen Terrain - wie es der Film ist - verzettelt haben, der wurde vergangene Woche durch einen kleinen Brief eines Besseren belehrt: Dieses Schreiben des BKA, das die Wiener Festwochen erst am Tag ihrer Eröffnung, dem 9. Mai, über den jähen Entzug der Bundessubvention informierte - es wurde dem Vernehmen nach (und wie der Briefkopf deutlich signalisiert) bereits am 10. April verfasst. Was geschah nun in der doch beträchtlich langen Zwischenzeit?

Warum wurden die Festwochen inzwischen nicht zumindest mündlich darüber informiert, dass sie in der laufenden Produktion auf Gelder in der Höhe von 360.000 Euro verzichten werden müssen? War dies tatsächlich die von Luc Bondy behauptete Erklärung eines "Kulturkriegs" gegen eine politisch unliebsame Institution? Franz Morak, der "Krieg" ablehnt, meinte auch am Montag in der ORF-Sendung Treffpunkt Kultur standhaft: "Nein." Außerdem habe den Brief ja nicht er, Morak, sondern sein Sektionsleiter Klaus Wölfer abgesandt.

DER STANDARD, der das genauer wissen wollte, wurde gestern bei weiteren Recherchen im BKA mit einer erstaunlichen Mischung aus Gemütsruhe und Eigensinn konfrontiert: Wölfer berief sich zuerst auf seine amtliche Schweigepflicht, meinte später aber bei einem zweiten Telefonat, dass der Brief wohl von seiner Verfertigung bis zur Unterzeichnung einige Zeit gebraucht habe: "In einer Bürokratie hat alles seine Geschwindigkeit." Ein logistisches Problem also im BKA? Wölfer: "Ja, so muss man das wohl bezeichnen."

Ruf doch mal an!

Moraks Pressesprecherin Katharina Stourzh wiederum wollte zuerst gar kein Problem erkannt haben: "Hans Landesmann von den Festwochen wurde ja vorher schon informiert." Landesmann konnte dies dem STANDARD gegenüber nicht bestätigen: "Erst am 7. Mai rief ich im BKA in einer anderen Causa an, und dabei wurde mir beiläufig erklärt, dass uns die Subvention entzogen wird." Die Förderung für Wolfgang Mitterers Oper Massacre gelte dem Komponisten und habe mit den Festwochen rein gar nichts zu tun.

Stourzh, später: "Na gut, aber es gab zumindest ein Telefonat." Sieht sie Reformbedarf im BKA? "Ja, wir arbeiten daran. Nach außen hin ist das sicher nicht optimal gelaufen."

Hoffentlich zieht Moraks Mitarbeiterin damit nicht den Unmut ihres Chefs auf sich. Der meinte vorgestern noch in Treffpunkt Kultur: "Ich denke, wir sind auf einem guten Weg!" Wenn Franz Morak das wirklich ernst meint, dann müssten sich wiederum seine Vorgesetzten langsam umschauen, ob es nicht Geeignetere für die Position des Sekretärs gibt. Mittlerweile ist erst einmal genug Porzellan zerschlagen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2003)