Wien/Lausanne - Das Lausanner Institut für Management-Entwicklung (IMD) rät Österreich zu einer schnellen Pensionsreform, um seine Wettbewerbsfähigkeit international zu verbessern. Senkung der Steuerlast, Reform des Sozialsystems im Sinne finanzieller Nachhaltigkeit, Umschichtung öffentlicher Gelder zur Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E) sind weitere Empfehlungen an Österreich in dem soeben veröffentlichten "World Competitiveness Yearbook 2003". Empfohlen wird auch eine Reform des Bundesstaats und der Bürokratie, um Kosten für Regierung und Verwaltung abzubauen, sowie ein stärker unternehmensorientiertes Bildungssystem und ein leichterer Zugang zu Finanzierungen.

"Die Finanzierung des Pensionssystems wird immer akuter in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien", sagte der IMD-Direktor und Wirtschaftsprofessor Stephane Garelli am Mittwoch in einem Telefongespräch mit der APA. Weltweit seien die staatlichen und privaten Pensionskassen in einer prekären Lage, da sie in den vergangenen Jahren Verluste in Höhe von 2,8 Billionen Dollar (2.431 Mrd. Euro) auf ihre Kapitalanlagen hinnehmen mussten. Im IMD-Jahresbericht wird dieses Problem als "Zeitbombe" bezeichnet. Die Geschwindigkeit von Pensionsreformen sei durchaus entscheidend, betont Garelli: "Es fällt auf, dass Unternehmen viel schneller Reformen durchziehen als Regierungen. Regierungen, die jetzt das Problem angehen, können nicht länger warten."

Der Wirtschaftsprofessor rief europäische Regierungen zu gemeinsamen Anstrengungen in der Reform ihrer Pensionssysteme auf. Österreich sieht Garelli diesbezüglich weiter fortgeschritten als Deutschland und Frankreich. Die Regierung in Wien versuche zumindest, sich "an die ökonomische Realität anzupassen". Angesprochen auf die Rolle der Sozialpartnerschaft in Österreich meinte der IMD-Direktor, diese sei nach wie vor ein "Schlüsselfaktor" für soziale Stabilität in Österreich. Sollte diese gefährdet sein, könnte dies auch negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes haben.

In der aktuellen IMD-Wettbewerbsstudie punktet Österreich vor allem mit dem Export seiner Dienstleistungen, einer guten Gesundheits-Infrastruktur, niedrigen Kosten für Mobiltelefonie, wenig Bedrohung und Gewalt am Arbeitsplatz (etwa Mobbing), eine geringe Jugendarbeitslosigkeit, dem Schutz der Privatsphäre sowie allgemein mit der Lebensqualität im Land. Positiv für ausländische Partner werden die Zugangsmöglichkeiten zum heimischen Kapitalmarkt und der Investitionsschutz vermerkt. Als weitere Pluspunkte werden die Gesundheits-Infrastruktur, die hohe Anzahl registrierter Patente, der Patentschutz und die Nachhaltigkeit der Wirtschaft hervorgehoben.

Als Schwachpunkte Österreichs im Standortwettbewerb nennt das Lausanner Institut das geringe reale BIP-Wachstum, die als zu restriktiv kritisierten Einwanderungsgesetze, den Anteil von Staatszuschüssen, die Steuerbelastung, die relativ hohen Kosten für Ferngespräche und die vergleichsweise geringe durchschnittliche Arbeitsleistung pro Jahr. Der österreichische Aktienmarkt bietet nach Einschätzung des IMD keine ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen. Im Infrastruktur-Bereich beanstandet das Institut unter anderem die - gemessen am BIP - niedrigen Investitionen in die Telekommunikation. (APA)