So deutlich formuliert man in der EU-Hauptstadt selten: Immerhin drei Kommissare wurden am Mittwoch aufgeboten, um die angekündigte Klage der USA vor der Welthandelsorganisation WTO wegen der strengen EU-Zulassungsregelungen für gentechnisch veränderte Organismen mit allen zu Verfügung stehenden Argumenten zurückzuweisen. Wobei die Brüsseler diesmal völlig ungewohnt auch untergriffig wurden. So stellte EU-Handelskommissar Pascal Lamy nicht ganz absichtslos, wenngleich durchaus nebenbei die Frage, was denn die wirklichen Motive der USA für die Klage seien.

Damit wird ein neuer Ton im transatlantischen Handelsstreit angeschlagen, der sich bereits auf vier Felder ausgedehnt hat. Gestritten wird um Steuern, Stahl, Agrarsubventionen und um Gen-Nahrung. Wobei man in Brüssel mit der Vermutung nicht ganz falsch liegen dürfte, dass die Gen-Klage eine Reaktion auf die in der Vorwoche von der EU-Kommission verhängte Sanktion in Milliardenhöhe wegen der US-Subventionspolitik ist. Dabei haben die Europäer gerade in diesem Bereich eine fast eselshafte Langmut bewiesen. Immerhin wurden die USA von der Welthandelsorganisation bereits im August des Vorjahres dazu verurteilt, die unzulässigen Steuersubventionen abzuschaffen. Der US-Kongress zeigte sich jedoch bis dato, was Langmütigkeit anlangt, den Europäern überlegen.

In der Sache selbst steht die Gen-Klage auf ziemlich wackeligen Beinen. Die USA werfen den Europäern zu viel Rücksichtnahme auf "diffuse Verbraucherängste" vor. Offenkundig liegt hier absichtliches Missverstehen vor. Denn das EU-System für gentechnisch veränderte Organismen ist kein Verbotsregime, sondern ein ökologisches Sicherheitsnetz, das für alle gleich gilt und somit keine einseitig diskriminierende Hürde darstellt. (DER STANDARD, Printausgabe 15.5.2003)