Foto: Schuberts

Gestylte Gläser, Designer-Etiketten, Rezepturen, angesichts derer sich die Omama noch bekreuzigt hätte - Marmelade ist gerade dabei, einen radikalen Imagewandel zu durchleben, von fruchtiger Hausmannskost zu einem "Mikrosegment der Feinschmeckerei", wie Werner Meisinger definiert.

Schuld daran seien, wie der Mitbesitzer des Ladens "Xocolat" meint, Menschen mit starker Affinität zu Natur und Tradition, die sich mit dem Thema beschäftigt haben und somit für den Impuls gesorgt hätten. Die legendäre Christine Ferber im Elsass etwa, deren Marmeladen-Kreationen man in der französischen Fachpresse mit ungefähr dem gleichen Interesse begegnet wie einer Neueröffnung von Alain Ducasse. Oder hierzulande natürlich Hans Stauds Lagen-Marmeladen, die das Produkt komplett neu definierten, dann die Fruchtaufstriche des früheren Schnapsbrenners Walter Trausner aus dem Lungau oder Erich Stekovics einzigartige Erdbeer-Marmeladen der Sorte Mieze Schindler, die eine Beschäftigung mit dem Thema Frucht manifestierten, wie man es zuvor nur von Schnapsbrennern kannte.

Jüngstes Mitglied in der Runde der Designer-Marmeladen ist "Schubert's", ins Leben gerufen von der Ladenbau-Unternehmerin Christa Schubert, die sich mit der Tatsache, dass ihre Lieblings-Marmeladeköchin aus dem Weinviertel den Ruhestand anstrebte, nicht abfinden wollte. Und also einen Teil der Horner Molkerei mietete, Frau Panhofer und zwei Kolleginnen anstellte, die da jetzt Edel-Marmelade in Mini-Chargen und nicht unbedingt nach traditionellen Rezepturen erzeugen: Erdbeer-Ingwer, Marille-Mandel, Traube-Vanille-Mohn und so weiter.

Dass die neuen Edel-Marmeladen die industriellen Großproduzenten auch nur irgendwie kratzen, glaubt Werner Meisinger jedenfalls nicht, ist sich andererseits aber auch sicher, dass jeder, der einmal Spitzenklasse auf den Toast schmierte, nicht mehr zur Regal-Ware zurückkann. Und wenn das in Folge zu Prämium-Linien der industriellen Erzeuger und damit zur Förderung und Erhaltung alter Obstsorten führt, soll's auch recht sein. (floh, DER STANDARD, rondo/19/05/2003)