Wien - Der Schuldenberg der Unternehmen bei den Krankenkassen wächst weiter an. Ende des Vorjahres wurden Beiträge in Höhe von 845 Millionen € von den Arbeitgebern nicht abgeliefert. Das sind bereits 63 Mio. € mehr als zwei Jahre zuvor.

Was den Nationalratsabgeordneten Franz Riepl (SP) im Gespräch mit dem STANDARD besonders auf die Palme bringt ist der Umstand, dass 381,7 Mio. € der nicht vorschriftsmäßig weitergeleiteten Summen Arbeitnehmerbeiträge sind: "Das heißt, zuerst werden den Mitarbeitern Krankenkassenbeiträge abgezogen. Weil das Geld aber nicht bei den Kassen ankommt, entsteht unter anderem eine Finanzmalaise, die durch Selbstbehalte beim Arzt, also wieder mit dem Geld der Arbeitnehmer, saniert werden soll."

"West-Ost-Gefälle"

Auf den ersten Blick scheinen die Wiener die schlechteste und die Vorarlberger die beste "Zahlungsmoral" zu haben. Allein in der Bundeshauptstadt haben sich 320,4 Mio. € an Außenständen - zehn Mio. € fielen allein durch dubiose Baufirmen aus - angehäuft. Im Ländle sind es hingegen nur 15,2 Mio. €. Im Sozialministerium führt man diese Kluft jedoch vielmehr auf ein "West-Ost-Gefälle", also auf die unterschiedliche Wirtschaftskraft und somit die unterschiedliche Liquidität der Unternehmen, in Österreich zurück.

Am Beispiel Burgenland, wo der dortigen Gebietskrankenkasse 23,6 Mio. € vorenthalten wurden, bedeute dies etwa: Der Abfluss der Kaufkraft nach Ungarn hat die finanzielle Substanz der Unternehmen derart schrumpfen lassen, dass bei einem plötzlichen Kreditstop der Banken Zahlungsunfähigkeit eintritt. Dazu kommt noch, dass der Schuldnerschutz in den letzten Jahren durch ein Reihe von Gesetzen ausgebaut und dadurch die Position der beitragseinhebenden Sozialversicherungsträger geschwächt wurde, meint man im Hause Haupt. Das Ministerium habe deshalb bereits angeregt, dass solche Beitragsschulden als öffentliche Gelder gegenüber privaten Schulden eine Sonderstellung eingeräumt bekommen sollen.

2149 Anzeigen

In den letzten zwei Jahren sind jedenfalls 2149 Anzeigen gegen Schuldner eingebracht worden. Die meisten davon in Wien (792), Kärnten (359) und Niederösterreich (270). Mit Strafanträgen werde "allerdings eher sorgsam umgegangen, um die Unternehmen nicht zu kriminalisieren," heißt es dazu im Ministerium. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 16.5.2003)