Play-Off-Gegentorschnitt (GAA) der Torhüter, die mit ihren Teams seit 2000 den Meistertitel gewinnen konnten (blau) sowie die Kennzahlen der beiden heurigen Finalgoalies (rot).

Foto: derStandard.at/Hannes Biedermann

Das zweite Spiel der Finalserie um die österreichische Meisterschaft (Nachlese des Live-Tickers) brachte am Sonntagabend einen 6:3-Heimerfolg des EC Salzburg, der damit auf 1:1 in Siegen stellte. Der Triumph des Titelverteidigers war dabei nie wirklich gefährdet, zu überlegen war man über die gesamten 60 Minuten gesehen.

Salzburg startet stark, KAC steigert sich

Angefangen hat das 16. Finalheimspiel in der Geschichte des EC Salzburg ähnlich wie die Auftaktpartie der Serie am Donnerstag in Klagenfurt: Mit rasant startenden Bullen, die erneut früh - diesmal sogar schon nach 42 Sekunden - und wieder durch Manuel Latusa in Führung gingen. Auch nach dem ersten Treffer behielten die Gastgeber die Oberhand, erst nach einigen Minuten kam der Rekordmeister richtig in der Partie an und konnte zu diesem Zeitpunkt froh sein, nur mit einem Tor zurück zu liegen.
Die an diesem Abend stark dezimierten Klagenfurter (nur 16 Feldspieler) fanden in der Folge jedoch immer besser ins Spiel und richteten sich letztlich ausgerechnet an einem Shift ihrer nicht in Stammbesetzung angetretenen vierten Linie - Scofield fuhr für den erkrankten Manuel Geier Doppelschichten an der Seite von Herburger und Stefan Geier - auf. Ab der fünften, sechsten Minute verlagerte sich das spielerische Übergewicht immer mehr zu Gunsten des KAC, der Mitte des ersten Abschnitts mit zwei Treffern binnen 101 Sekunden die Partie vorerst drehen konnte. Die Rotjacken waren auch in den verbleibenden Minuten des Eröffnungsdrittels die bessere Mannschaft und führten zur ersten Sirene verdient mit 2:1.

Baustelle Abwehr

Ab dem Beginn der zweiten 20 Minuten nahm Salzburg das Heft wieder in die Hand - und gab die Kontrolle bis zum Spielende nicht mehr ab. Ein Unterzahltreffer (ECS-Wechselfehler wie schon im ersten Finale) von Aubin brachte die endgültige Wende, nur noch knapp zehn Minuten konnte der KAC in der Folge mithalten. In dieser Phase erinnerte das Spiel frappant an die Partie vom Donnerstag, beide Teams suchten ihr Glück bedingungslos in der Offensive, was zwar nett anzusehen sein mag, gleichzeitig jedoch auch das bescheidene taktische Niveau im Spiel dokumentiert.
Mit Fortdauer der Begegnung wurden die physischen Vorteile Salzburgs immer deutlicher, speziell in der nach wie vor mäßig stabilen und häufig schlecht organisierten Abwehr war Klagenfurt nun fast immer (mindestens) einen Schritt zu langsam. Hier liegt für den weiteren Verlauf der Serie wohl auch der Schlüssel zum Erfolg: Der KAC muss defensiv besser stehen und auch auf die baldige Rückkehr von Johannes Kirisits hoffen. Mit nur fünf Verteidigern inklusive eines angeschlagenen Sean Brown (bei vier der fünf 5-on-5-Gegentore am Eis) und den in der Analyse zu Spiel eins angesprochenen Schwachpunkten wird der Traum vom 30. Titel der Klubgeschichte rasch ausgeträumt sein.

Kür statt Pflicht bei Chiodo

Klagenfurts Unzulänglichkeiten in der Abwehrarbeit lassen sich jedoch nicht nur an den Verteidigern festmachen: Auch das Backchecking funktionierte am Sonntag alles Andere als zufriedenstellend, mit Ausnahme von Dieter Kalt stand jeder Feldspieler bei mindestens einem Gegentreffer am Eis.
Will der KAC im weiteren Verlauf der Serie realistische Chancen auf die nötigen drei weiteren Siege haben, muss auch Goalie Andy Chiodo souveräner werden. Zwar zeigt er immer wieder atemberaubende Paraden, dieser Effekt verpufft jedoch, wenn es ihm nicht gelingt, die Grundanforderungen zu erfüllen. Dazu gehören Rebounds, von denen es in diesem Auswärtsspiel zu viele gab, die noch dazu von den zunehmend müder wirkenden Defendern oft schlecht gesichert wurden. In der oberflächlichen Betrachtung mögen seine spektakulären Einlagen die eine oder andere Schwäche überblenden, Fakt ist aber, dass ein Torhüter, der pro Spiel 3,45 Gegentore erhält (Play-Offs), sein Team nicht zur Meisterschaft führen kann.

Der Auswärtskomplex

Im Salzburger Lager kann man mit der Leistung vom Sonntag grundsätzlich zufrieden sein, man war über drei Viertel des Spiels die tonangebende Mannschaft. Heimsiege sind in der Situation der Bullen jedoch so etwas wie eine Pflichtaufgabe, den Titel können sie nur holen, wenn sie vergleichbare Qualität und Vehemenz auch auswärts aufs Eis bringen. Genau daran scheiterte man im bisherigen Saisonverlauf (Platz acht in der Auswärtstabelle, nur einen Zähler vor dem Letztplatzierten!) jedoch kläglich.

Ausschlaggebend für den Ausgang der diesjährigen Finalserie wird letztlich sein, welches Team seine wackelige Defensive früher stabilisieren kann. Neben den bereits erörterten Problemen beim KAC lässt auch Salzburgs Abwehrarbeit zu wünschen übrig. In den ersten beiden Spielen präsentierten sich gerade auch die umfunktionierten Defender wie Trattnig, Raffl und Heinrich, die im bisherigen Saisonverlauf alle bereits eindrucksvoll unter Beweis stellen konnten, wie gut und gewissenhaft sie den Job am eigenen Ende der Eisfläche erledigen können, als fehleranfällig. Lag der Schnitt an Toren pro Finalspiel für die Jahre seit dem Ligacrash 2000 bei 5,98, so fielen in den ersten beiden Partien dieser Serie gleich 20 Treffer.

Spiel drei am Dienstag

Das althergebrachte Sprichwort der Meisterschaften gewinnenden Verteidigungsarbeit wird auch in dieser Saison seine Gültigkeit nicht verlieren. Am Ende wird der Meisterpokal an jenes Team gehen, das als erstes den Versuch abbricht, ihn zu widerlegen. Spiel zwei war qualitativ ein kleiner Fortschritt im Vergleich zum Serienauftakt, primär deshalb, weil die chaotische Phase des weitestgehend unbedachten Anrennen beider Teams deutlich kürzer ausfiel. Für das nächste Treffen am Dienstag ist zu hoffen, dass sich dieser Trend fortsetzt und es Highlights an beiden Enden des Rinks zu sehen gibt - auch wenn es dem Naturell der beiden Mannschaften widerspricht. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 4.April 2011)