Eindrücke der Tanzperformance am Freitag, 1. April

Foto: Jürgen Hammerschmid

Beim Proben

Foto: Jürgen Hammerschmid
Foto: Jürgen Hammerschmid
Foto: Jürgen Hammerschmid

"Der Kunst ihre Freiheit, Menschen mit Downsyndrom ihre Kunst." Unter diesem Motto tanzte die  idance company Freitagabend das Publikum der Kammeroper in Stimmung. Lebensfreude, Neugier, Dynamik und Sanftheit waren auf der Bühne zu spüren. Die Künstler: Menschen mit Trisomie 21 - Erwachsene und Kinder - und aktive oder ehemalige Staatsoperntänzer.

Leben kann ganz unterschiedlich sein - in all seinen Varianten - das lässt sich weder wegleugnen noch beschönigen - ein passenderes Eröffnungslied als 'Geboren um zu leben' von der deutschen Band Unheilig hätten die Veranstalter daher wohl nicht finden können. Diese Kombination sorgte beim ein oder anderen im Publikum für positive Emotion und Gänsehaut.

"Nicht nur ein bisschen Tanzen"

Seit rund fünf Jahren führt die ausgebildete Tänzerin Beata Vavken die idance company als künstlische Leiterin. "Ähnlich wie die Paraolympics etwas Besonderes in der Sportwelt sind, ist das, was wir tun, wie eine neue Kunstform", ist sie überzeugt. Das, was auf der Bühne zu sehen ist, ist tatsächlich keine Hobbyveranstaltung, sondern Tanz, der berührt, unter die Haut geht und Emotionen auslöst.

Vavken weist darauf hin, keine Therapieform anzubieten. Es gehe auch nicht darum, dass die Menschen ein bisschen Bewegung machen, sondern um professionelles Tanzen. Dennoch: "Im Tanz verarbeiten die Tänzer natürlich auch Teile ihres Privatlebens."

Selbstbewusstsein reifen lassen

Menschen mit Down-Syndrom besitzen das 21. Chromosom dreifach - einmal mehr als üblich - daher rührt auch der Name Trisomie 21. Dieses zusätzliche Chromosom mit seiner Genmutation ist dafür verantwortlich, dass Menschen mit Down-Syndrom so sind wie sie sind. "Häufig sind sie sprachlich nicht so bewandert, finden aber im Tanz einen wunderbaren Ausdruck", schildert die engagierte Balletttänzerin. 

Sie beobachtet bei den stolzen Mitgliedern ihres Ensembles Freude und reifendes Selbstbewusstsein, weil sie sich in der Bewegung mitteilen können. So kommen sie aus ihrer Welt ein Stück weit heraus, was im Alltag nicht immer gelingt. Sie tanzen, weil sie sind. Das Anders-Sein, das Peter Turrini in seiner Kindheit spürte und das in seinen Gedichten Thema ist, ähnelt dem Anders-Sein der idance-Künstler. Turrini begleitete die Aufführung mit Zitaten aus seinen Gedichten.

Unverfälschte Gefühle und viel Arbeit

Die Trainingsstunden laufen sehr geregelt ab, vor den Auftritten wird verstärkt geprobt. In die Choreografie werden auch die Impulse der Down Syndrom Künstler mit eingebaut.
Schwierig sei es manchmal die unterschiedlichen Launen ihrer Schützlinge unter einen Hut zu bringen, schildert Vavken, "denn Menschen mit Downsyndrom sind sehr ehrlich im Ausdruck ihrer Gefühle und das ist man von anderen Menschen meist nicht gewohnt."

Damit die Kommunikation klappt, arbeiten in ihrem Team ausgebildete Tänzerinnen und Tänzer, die allesamt eine Zusatzausbildung in Bereichen wie Sonder- und Heilpädagogik, Psychologie, Ergotherapie oder Diätassistenz besitzen. 

Geschenke retour

Vavken selbst wird, wie sie sagt, mit "unglaublicher Dankbarkeit" für ihre ehrenamtliche Arbeit belohnt - eine Dankbarkeit, die sich in der Alltagswelt seltener findet. "Mein Team und ich lernen die Freude an der Arbeit einmal mehr zu schätzen, lernen wieder langsamer zu sein und genauer hinzuschauen." 'Ein paar Schritte zurück' zu gehen eben - wie der Name des aktuellen Stücks der Formation vermittelt. (Marietta Türk, derStandard.at, 4.4.2011)