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Das Formelle wird beim AMS erledigt, die Weiterbildungskurse werden in der Regel aber von externen Bildungseinrichtungen durchgeführt - ein umkämpfter Markt.

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Wien - Sie waren die ganz großen Krisengewinner: Anbieter von AMS-Schulungen. Zum Höhepunkt der Job-Krise Anfang 2010 absolvierten rund 80.000 Menschen pro Monat einen Kurs, Anfang 2011 waren es noch immer 69.000. Aber wie wird kontrolliert, wohin die öffentlichen Gelder fließen? Gibt es Aufträge des Arbeitsmarktservice gegen Gefälligkeiten?

Seit bekannt wurde, dass der steirische AMS-Chef Karl Heinz Snobe mit dem Leiter eines Schulungsbetriebs gemeinsam ein Bordell besuchte, sind diese Fragen wieder in den Fokus gerückt. Im Fall Snobe werden nun alle Auftragsvergaben neuerlich geprüft.

Missstände gebe es aber quer durch alle AMS-Landesstellen erzählen Branchenvertreter hinter vorgehaltener Hand. In Wien kursiert das Gerücht, der frühere Leiter der AMS-Vergabeabteilung, Franz-Otto Söchting, habe Berufliches mit Privaten vermischt.

Aufträge

Neben seinem Job im AMS besitzt der Beamte eine Immobilienfirma. Wer mit ihm Mietverträge abgeschlossen habe, sei leichter an Aufträge gekommen, heißt es. Söchtling bestreitet den Zusammenhang auf Standard-Anfrage entschieden, bestätigt aber, dass seine Wohnungen unter anderem für Kurs-Trainer gemietet werden. Er habe immer alles im Internet ausgeschrieben, ihm sei die Herkunft der Mieter egal. Warum er die schiefe Optik nicht vermieden habe? "Wenn man die Mieter kennt, ist das angenehmer."

Eine Unvereinbarkeit besteht laut AMS nicht. Es handelt sich um eine bewilligte Nebenbeschäftigung. Nach dem 2009 aufgeflogenen Fall "Venetia" wurde Söchting aber immerhin aus der Vergabestelle abgezogen, jetzt ist er für "Sonderprojekte" zuständig. Venetia ist jenes Bildungsinstitut, das in einen gigantischen Betrugsfall verwickelt ist. Ein Beamter der Bundesbuchhaltungsagentur hat fast 17 Mio. Euro an befreundete Firmenchefs transferiert, 4,8 Mio. gingen an Venetia. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat vor wenigen Tagen Anklage erhoben.

Mit Venetia war Söchting ebenfalls im Geschäft. Die Ermittlungen und zwei Kontrollen durch den Rechnungshof hätten aber keine Vorwürfe gegen den Beamten ergeben, erklärt man beim AMS. Söchting selbst meint, Venetia sei für seine Immobilienfirma ein Verlustgeschäft gewesen, weil er in Folge des Konkurses um Mieteinnahmen umgefallen sei.

Also alles nur schiefe Optik und falsche Gerüchte? Bernhard Kleemann, Interessensvertreter der Trainervereinigung Vöbet, schließt das aus: "Wir wissen, dass Institutsvertreter unter Druck gesetzt werden, Gefälligkeiten zu leisten, Eigentumswohnungen zu kaufen und zu mieten, Reisen zu bezahlen oder Bordellbesuche zu finanzieren." Bis 100.000 Euro kann das AMS übrigens ohne Ausschreibung vergeben.

100 Euro Grenze

AMS-Bundeschef Herbert Buchinger hat hingegen von Gefälligkeiten "keine Wahrnehmung", wie er zum Standard sagte. "Da sind viele Fantasien unterwegs, die harten Fakten belegen das aber nicht." Geschenkannahmen seien für Mitarbeiter grundsätzlich verboten, nur "orts- und landesübliche" Präsente von geringem Wert seien zulässig. Eine genaue Grenze gibt es zwar nicht, man könne aber von 100 Euro ausgehen, sagt Buchinger.

Trainer-Vertreter Kleemann meint hingegen, im Gegenzug für Gefälligkeiten werde bei der Abrechnung von Trainern und Stunden nicht so genau hingeschaut. Andere Quellen meinen sogar, Kurse, die gar nicht stattgefunden haben, würden zum Teil beim AMS abgerechnet.

Buchinger sagt, Rechnungen, die vom Kostenvoranschlag abweichen, würden geprüft. Außerdem gebe es stichprobenartige Vorortkontrollen in den Kursen. Rund zwölf Prozent aller Kurse würden so kontrolliert. Beim AMS-Wien heißt es, fünf Prozent des Förderbudgets müsse jedes Jahr geprüft werden. Wie viele Fälle beeinsprucht werden, konnte man auf Anfrage nicht sagen. An gröberen Abrechnungsmissbrauch glaubt Buchinger aber nicht: "Ein Restrisiko besteht natürlich immer, aber ich glaube wir haben das ziemlich minimiert." (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 6.4.2011)