Im Zuge seiner fünftägigen Nahostreise besuchte Außenminister Michael Spindelegger am Mittwoch den Gazastreifen. Im Gegensatz zu den Visiten zuvor in Ägypten und ab heute, Donnerstag, in Jordanien gab es kein bilaterales Programm, da die EU ebenso wie die USA die in Gaza regierende Hamas als Terrororganisation einstuft und daher keine politischen Kontakte unterhält.

Im Zentrum der Gaza-Visite stand das Uno-Hilfswerk für die palästinensischen Flüchtlinge (UNRWA), das 1949 als temporäres Programm gegründet wurde und seitdem immer um drei Jahre verlängert wurde. Bis 1978 war der Sitz in Beirut, danach in Wien und nunmehr in Gaza.

Spindelegger traf mit der langjährigen Generalkommissarin Karen Abu Zayd zusammen, die von Österreich für ihr Lebenswerk geehrt wurde, und ließ sich von lokalen Uno- und NGO-Vertretern über die soziale und politische Lage der palästinensischen Flüchtlinge informieren.

Abu Zayd drückte im Gespräch mit dem Standard ihre Freude über den hohen österreichischen Orden aus: "Die Auszeichnung ist ganz wunderbar für mich, nicht zuletzt weil Wien lange Jahre die UNRWA-Mission beherbergt hat". Und sie lobte auch den Besuch Spindeleggers: "Der Besuch des Außenministers ist für das palästinensische Volk immens wichtig, weil es dadurch merkt, dass es nicht vergessen wird."

Die UNRWA bezeichnet die Lage im von Israel blockierten Gazastreifen seit Jahren als humanitäre Katastrophe. Diese verschlimmerte sich um die Jahreswende 2008/2009 durch die israelische Militäraktion "Gegossenes Blei", während der mehr als 1400 Palästinenser getötet und über 5000 weitere verletzt wurden. Wie in dem von der Uno herausgegebenen Goldstone-Report festgehalten wird, verstießen damals beide Konfliktparteien, Israel und die Palästinenser, unter anderem gegen Kriegsvölkerrecht. Zuletzt hatte der Verfasser des Berichts, der südafrikanische Richter Richard Goldstone, Teile des Dokuments relativiert, weil sich gewisse Sachverhalte heute in einem anderen Licht darstellten. So würde Goldstone nach eigener Aussage heute nicht mehr behaupten, dass Israel mit Absicht Zivilisten ins Visier genommen habe.

Fast drei Viertel der Palästinenser im Gazastreifen leben in ärmlichsten Verhältnissen, und rund zwei Drittel haben nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser. Österreich versucht in diesem Aspekt Abhilfe zu schaffen und betreibt an der Küste des Gazastreifens eine Entsalzungsanlage, die ebenfalls auf dem Besuchsprogramm des Außenministers stand.

Spindelegger stimmte NGO-Vertretern zu, dass mehr Hilfe nötig sei: "Es stimmt, die EU muss mehr tun, nicht nur finanziell sondern auch politisch. Allerdings ist die Abstimmung von 27 Ländern in der EU sehr schwierig, weil sich die Interessen nicht immer decken. Ich werde jedenfalls die Botschaft der palästinensischen Jugend nach Europa bringen, wenn ich beim Außenministerrat nächste Woche von meiner Reise berichten werde. Mein wichtigster Appell an die Palästinenser lautet jedenfalls: Beendet die Gewalt, denn Gewalt verursacht ausschließlich nur weitere Gewalt." (Gianluca Wallisch aus Gaza/DER STANDARD, Printausgabe, 7.4.2011)