Wien - Spannend gestalten sich die Ermittlungen von Justiz und Kriminalbeamten in der Causa Stradivari rund um die Pleite des Geigenhändlers Dietmar M. Er ist persönlich und mit seiner Wiener Gesellschaft in Konkurs; allein in der Privatinsolvenz haben seine Gläubiger Forderungen von 100 Mio. Euro angemeldet, 80 davon hat der Masseverwalter anerkannt. Allein seinen Banken schuldet der 62-jährige Schlossbesitzer 30 Mio. Euro; für die Schulden seiner Wiener Kadenza GmbH hat er gebürgt. M. wurde jüngst in der Schweiz festgenommen, die Österreicher ermitteln unter anderem wegen Betrugsverdachts, es gilt die Unschuldsvermutung. Zuletzt haben sich übrigens Geschädigte aus Sydney gemeldet.

Während M. in Auslieferungshaft sitzt, läuft die Geigen-Suche auf Hochtouren. M. verrät nämlich den Aufenthaltsort seiner luxuriösen Handelsware nicht - obwohl er die wertvollsten Instrumente, Stradivaris und Guarneris, an seine Banken verpfändet hat. Die übernahmen die Instrumente aber nicht, sondern belegten sie mit Eigentumsvorbehalten.

Nun fehlen den Masseverwaltern mehr als 200 Geigen, nur ein paar weniger wertvolle (Gesamtwert um die 300.000 Euro) wurden in der Kadenza gefunden. Vor allem der Verbleib der verpfändeten 20 bis 30 Streichinstrumente, "M.s wichtige Geigen" (ein Jurist), interessiert Ermittler und Masseverwalter, bisher haben sich aber alle Spuren als falsch erwiesen.

Etwa jene zu M.s deutscher Gesellschaft. Laut Bilanz des Unternehmens hat M. dort 2009 sieben Geigen zum Gesamtwert von 80 Mio. Euro eingebracht. Zwar hat der Wirtschaftsprüfer die wertvollen Stücke nicht gesehen, aber den Bilanzierungsvorschriften wurde genüge getan:_Es gab den erforderlichen Gesellschafterbeschluss; zudem Zertifikate und ein diese bestätigendes Gutachten von M. Er ist selbst Gerichtssachverständiger für alte Streichinstrumente. Die Geigen konnten in Bremen aber nicht geortet werden, sie seien in der Schweiz, hieß es. Im Ein-Zimmer-Büro der Zürcher Geigenbau M. GmbH wurde dann zwar eine Ein-Prozent-Teilhaberin gefunden - aber keine Geige. Nur Tipps gab es: Man möge doch in Italien und Japan suchen.

Geigenmäßig schaut es bei der Vermögensverwertung derzeit also düster aus. Das Katzelsdorfer Schloss von "Weltbürger" M. (Erwin Pröll, als er ihm 2005 das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich verlieh) ist mit Hypotheken für die Erste Bank belastet. Und die bei der Schlossdurchsuchung sichergestellte Uhrensammlung dürfte auch nicht der große Geldbringer sein. Das Dorotheum hat sich einige der Chronometer angeschaut: Fälschungen. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.4.2011)