Ins römische Parlament verirren sich Minister nur selten. Doch am Dienstag drängte sich das gesamte Kabinett auf der Regierungsbank. Nur einer fehlte: der Nutznießer der Abstimmung, mit der die Kammer die Zuständigkeit der Mailänder Richter im Ruby-Prozess gegen Silvio Berlusconi angefochten hat.

20 Minuten später war alles beim Alten - im halbleeren Saal erlitt das Rechtsbündnis eine seiner häufigen Niederlagen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Berlusconi das Parlament für seine persönlichen Belange einspannt, ist ebenso beeindruckend wie die Hörigkeit, mit der die Parlamentarier ihrem machtbesessenen Premier dienen. Kaum eine Woche, in der kein maßgeschneidertes Gesetz für den Cavaliere präsentiert wird.

Um die Bedürfnisse der Italiener schert sich das Parlament schon lange nicht mehr: Die Staatsverschuldung ist auf 1860 Milliarden Euro gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit auf 30 Prozent - all das scheint nebensächlich gegenüber den Dauerproblemen des Premiers mit der Justiz. Jüngstes Produkt aus Berlusconis Küche: ein Gesetz zur Verkürzung der Verjährungsfristen. All das hat seinen Preis. So wurde ein Sizilianer, der nach eigenem Bekunden von Landwirtschaft "keine Ahnung" hat, zum Agrarminister bestellt. Nun soll per Dekret die Zahl der Staatssekretäre um 14 erhöht werden. Das Stimmvieh blökt auf Anordnung - aber es will entsprechend gefüttert werden.  (Gerhard Mumelter/DER STANDARD, Printausgabe, 7.4.2011)