Schwedens Regierung hat ein Gesetz angekündigt, das alten Paaren einen gemeinsamen Lebensabend garantiert. Das haben Schwedens Alte vor allem dem Mut eines 94-Jährigen zu verdanken: Arne Kojefors erzählte vergangenes Jahr der Presse, dass ein Pflegeheim ihn von seiner demenzkranken Ehefrau Gunnel (86) trennen möchte - nach 63 Jahren Ehe. Weil er nicht krank genug sei, um mit ihr ins Heim zu ziehen.
Dabei bräuchte er doch nur ein Bett, das sie in ihr Zimmer stellen könnten. Für sich selbst könne er noch immer sorgen und bezahlen, beteuerte der sorgsame Ehemann. Das ginge nicht, die Vorschriften seien nun einmal so - aber Arne dürfe seine Gunnel ja in den Besuchszeiten aufsuchen, versuchte das Amt Arne zu trösten. Mit den Besuchszeiten wollte sich Arne Kojefors, der auch nicht mehr so gut zu Fuß ist, nicht abfinden. Es sei furchtbar, nachts allein einzuschlafen, ohne seine Gunnel, sagte er der Presse. "Das Amt hat beschlossen, dass wir nicht mehr miteinander wohnen dürfen", erzählte der Rentner. "Das ist ein verdammter Mist. Das ist herzlos und unverschämt, dass wir im Herbst unserer Leben nicht mehr zusammen sein dürfen."
Breite Unterstützung
Schweden fühlte mit ihm. In der Debatte war die Rede von "Zwangsscheidungen für Alte", denen das seltene Glück genommen werde, ihren Lebenspartner noch an ihrer Seite zu wissen.
Die Kommune änderte ihre Beurteilung von "Arnes Funktionsfähigkeit". Der 94-Jährige sei doch nicht mehr "zu gesund", um auch in ein Heim zu dürfen. Allerdings müsse er wegen fehlenden Demenzsymptome und fehlender Pflegeplätze in ein anderes Heim als seine Gunnel.
Auf Facebook forderten zu dem Zeitpunkt bereits mehr als 9000 Schweden: "Arne und Gunnel müssen zusammenbleiben." Immer mehr alte Paare gingen an die Presse. So auch Gun (80) und Bertil (82) in Stockholm. Kurz nach dem Krebstod der einzigen Tochter (56) musste Bertil wegen Parkinson in ein Heim. Gun darf sich nicht mehr um ihren Mann kümmern.
"Zusammenwohngarantie" statt "Zwangsscheidung"
Nun soll also Schluss mit bürokratischer Unmenschlichkeit sein, die man in Schweden inzwischen "Zwangsscheidung" nennt. "Zusammenwohngarantie" soll das Recht auf den gemeinsamen Lebensabend heißen. Die praktische Ausgestaltung in den Kommunen ist noch unklar. Aber der christdemokratische Sozialminister Göran Hägglund sagt: "Personen, die zuvor miteinander gelebt haben und es weiterhin wollen, muss die Möglichkeit des Zusammenwohnens gegeben werden. Ausnahmen bilden kurzfristige Trennungen, etwa für Krankenhausbesuche."
Kurz nach dem Machtwort des Sozialministers kam auch der erlösende Bescheid für Arne und Gunnel Kojefors. Sie dürfen ihren Lebensabend doch zusammen verbringen. "Sie ziehen in eine sehr hübsche Paarwohnung ein, wo sie täglich miteinander zusammen sind", beschreibt Tochter Ann-Christin Larsson erleichtert das in einem Altenpflegeheim gelegene neue Zuhause der beiden. (André Anwar aus Stockholm, DER STANDARD; Printausgabe, 9./10.4.2011)