Wie definiert man eigentlich "gscheit Deitsch"?

Foto: derStandard.at/ham

A ist Mühlviertler, lebt in Wien und bezeichnet sich selbst gerne als "Wirtschaftsflüchtling", um seine Motivation in die Hauptsadt zu kommen, zu erklären. A. braucht ein neues Reisedokument. Der schöne, große, grüne, alte Reisepass mit dem Kinderfoto aus der Zeit, als A. aufgrund hormoneller Schwankungen tagtäglich mit großen, roten Pickel kämpfte, ist längst abgelaufen. A. muss also aufs Amt - mit neuem Foto und altem Pass. Dabei spielen sich dramatische Szenen ab, die deutlich zeigen, wie wichtig es ist, die Landessprache zu beherrschen.

A: "Grüß Gott. Ah.. i warad do wengan dem neich'n Reiseposs."
Beamtin (kurz B.): "Dann bräuchte ich bitte ein EU-Foto und die ausgefüllten Papiere. Und den alten Reisepass."
A. tut wie ihm geheißen und händigt die gewünschten Unterlagen aus.
A: "Aber bitte ned lochen!"
B: "Wie bitte?"
A: "Des is a Kinderfoto. Bitte ned lochen!"
B: "Das müssen wir aber. Dazu sind wir verpflichtet!"
Ratlose Blicke und Unverständnis auf beiden Seiten der Glaswand.

A: "Na bitte! Ned lochen"!
B: "Wir müssen den alten Pass lochen! Damit er ungültig wird!"

Nachdem sich auf beiden Seiten das Missverständnis zeitgleich aufgeklärt hat, war die Erleichterung groß darüber, dass der jeweils andere nicht den Verstand verloren hat. Lochen auf beiden Seiten war die Folge. (Mirjam Harmtodt/derStandard.at/29.06.2011)