Wien - Wenn man für Gruppensex nicht geschaffen ist, sollte man sich nicht darauf einlassen. Der intellektuell anmutende 38-jährige Georgier Gia T., dessen Gesicht auf keiner der tausend bildnerischen Darstellungen vom "Letzten Abendmahl" zu fehlen scheint, findet sich wegen versuchten Doppelmordes vor Wiener Geschworenen wieder. Im Gartenhäuschen eines persischen Ehepaares ging seine empfindlich berührte Libido in eine blutrauschige Messerattacke über. "In erster Linie hätte ich dort gar nicht hingehen sollen", betrachtet es der Angeklagte deutlich nüchterner als damals.

Kaufmann war auf der Durchreise

Der Kaufmann war auf der Durchreise von Paris nach Tiflis. Das nette Ehepaar wollte ihm und seiner jungen russischen Begleiterin Elena, für die er sich väterlich verantwortlich fühlte, noch ein bisschen Floridsdorfer Schrebergartenidylle angedeihen lassen. Zu viert trank man Whiskey und führte erotische Gespräche, ehe man zu Taten schritt. "Es ist mir peinlich, das öffentlich darzulegen", gesteht der Georgier. Er sei von der Perserin zum Stöhnen gebracht worden. Der Ehemann hätte zugesehen. Das habe ihm missfallen.

Danach sollen sie sich über Elena hergemacht haben. "Beide sind nackt auf ihr gesessen", schildert der Angeklagte: "Sie wollten sie vergewaltigen." - "Das hat die Zeugin selbst nie gesagt", räumt der Richter ein. "Vielleicht sagt sie es heute", hofft Gia. - Vergeblich. Die Russin hat sich von den Persern gut behandelt gefühlt. Was sie nicht tun wollte, hat sie verweigert.

"Rächer der Entehrten"

Die Staatsanwältin sieht in dem Georgier einen "Rächer der Entehrten", der nicht zulassen konnte, dass seine Begleiterin betatscht wurde. Der Angeklagte behauptet, das Paar hätte ihn plötzlich angegriffen: "Sie sind mir auf den Rücken gesprungen und haben mir die Haare vom Kopf gerissen." Da habe er sich mit dem Messer gewehrt. "Das war eine Instinkthandlung."

Die Frau erlitt Stiche in Hals, Rücken und Brust. Sie habe immer nur "Warum, warum?" geschrien, erinnert sich Elena. Gia soll erwidert haben: "Weil du es verdient hast." Das Urteil stand zu Redaktionsschluss noch aus. (Daniel Glattauer, DER STANDARD Printausgabe 16.5.2003)