Paris - Mit "Warten auf Godot" hat er das vielleicht wichtigste Theaterstück des 20. Jahrhunderts geschrieben und ist dafür als Nihilist abgestempelt worden. Die Verlorenheit des aller Illusionen beraubten Menschen der Moderne, der seiner Einsamkeit nicht entfliehen kann - das ist ein Leitmotiv in dem Werk des Iren Samuel Beckett. Wie aber war dieser hagere, als scheu und wortkarg beschriebene Literatur-Nobelpreisträger (1969) privat? "Wie es war", nämlich über Jahrzehnte hinweg sehr eng mit ihm befreundet gewesen zu sein, das beschreibt die in Paris lebende Dichterin Anne Atik in ihren "Erinnerungen an Samuel Beckett".

Den Meister der absurden Literatur verband in seinen Pariser Jahren viel mit dem Maler Avigdor Arikha und dessen Frau Anne Atik. Erst nach etwa 15 Jahren mit etlichen gemeinsamen Abenden, an denen geredet, gegessen, gesungen und rezitiert wurde, begann sie, Notizen zu machen. Sie reichen bis zu dem Tod (1989) dieses eigenwilligen, hochgebildeten und wahrheitsliebenden Dubliners. Er konnte unzählige Gedichte und ganze Passagen aus der Weltliteratur hersagen oder aufschreiben, hatte ein ausgesprochenes Talent für Sprachen und liebte die Musik über alles - nicht zuletzt das deutsche Liedgut.

"Und damit basta"

"Ein großer Dichter, von irischem Geblüt, der gern in sein Glas guckt, und damit basta", heißt es in den 1974 begonnenen regelmäßigen Gesprächsnotizen der Autorin. Oder doch nicht basta. Denn die Person des liebenswürdigen Beckett mit seinem überbordenden Intellekt war so schillernd, dass den Freunden seiner Kunst eine ganze Menge Anekdoten geliefert werden. Dieser "Nihilist" (und Protestant) besaß Bibeln in mehreren Sprachen und las mit seinen Freunden abwechselnd laut in den Psalmen. Er war so darum bemüht, allen zu helfen, dass es ihn nicht kümmerte, ob andere ihn dabei ausnutzten. Mit der Tochter der Autorin spielte er leidenschaftlich Schach. Dann immer wieder Trinkexzesse.

Doch "noch im Delirium (vor seinem Tod) rezitierte er Gedichte". Für Beckett-Fans sind diese Erinnerungen wohl unverzichtbar. Wer aber aus Versehen auf sie stößt, müsste sich in eine faszinierende Welt versetzt fühlen - und eigentlich neugierig auf Becketts Werk werden. (APA/dpa)