Im Grunde ist es völlig egal, ob nun viele kommen oder nicht. Die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Menschen aus Osteuropa ist eine gute, längst überfällige Sache. Die seit 2004 bestehende Ausnahmeregelung - die neben Deutschland nur Österreich bis 2011 voll ausgereizt hat - hat Ungarn, Slowaken, Tschechen und Co lange Zeit zu EU-Bürgern zweiter Klasse gemacht. Der Osten stand für westliche Konzerne zum Ausverkauf offen. Wenn die dort lebenden Menschen aber Chancen am Arbeitsmarkt im Westen suchen wollten, mussten sie auf Ausnahmeregelungen oder den Schwarzmarkt hoffen.

Doch abseits ihrer symbolischen Bedeutung sieht es so aus, als hätte die Arbeitsmarktöffnung am 1. Mai 2011 wenig tatsächliche Relevanz. Zunächst einmal sind Ausnahmeregelungen mit der Zeit angewachsen. Wer eine Baustelle besucht, in grenznahen Regionen in Österreich einkaufen oder tanken fährt, weiß, dass die Ungarn, Tschechen und Slowaken schon lange da sind.

Hinzu kommt, dass die Westslowakei und Westungarn, also die Gebiete mit der größten Anbindung an Österreich, heute Wohlstandsregionen sind. Verarmt und unterentwickelt ist in beiden Ländern der Osten. Doch der ist gerade von einer geringerenMobilität der Menschen gekennzeichnet. Für die Leute dort, in Košice und Nyireghaza, ist der Weg nach Bratislava oder Budapest sozial und ökonomisch fast unüberwindbar. Von Wien kann sowieso keine Rede sein. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.4.2011)