Washington/Wien - Wie treffen Richter ihre Urteile? Wirklich nur auf Basis der Gesetze und der Tatsachen? Die österreichische Judikatur der letzten Zeit ließ daran gewisse Zweifel aufkommen. Nun enthüllt eine israelische Studie, dass es - zumindest bei Urteilen über Bewährungsanträge von Strafgefangenen - vor allem auf externe Faktoren anzukommen scheint, insbesondere: den Zeitpunkt der Bearbeitung.

Wie die Forscher um Shai Danziger von der Ben-Gurion-Universität von Beer Sheva im Fachblatt PNAS berichten, entscheiden israelische Richter zu Beginn des Tages oder nach Frühstücks- und Mittagspausen signifikant öfter zugunsten der Antragsteller.

Die Wissenschafter schauten sich 1112 Urteile aus 50 Tagen an. Dabei zeigte sich, dass die Richter jeweils mit rund 65 Prozent Befürwortung zu Beginn des Tages und nach den Pausen starteten - und jeweils bei nahezu null Prozent endeten.

Die Erklärung der Forscher: Menschen und damit auch Richter ermüden geistig, wenn sie in kurzer Zeit viel entscheiden müssen - und neigen dann dazu, am Status quo festzuhalten. (tasch, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. April 2011)