Wehrmachtskult in Österreich: 2002 demonstrierten rechte Recken gegen die Wehrmacht-Ausstellung in Wien.

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Gottfried Küssel war in den vergangenen Jahren Dauergast auf rechtsextremen Veranstaltungen in Deutschland. Mit über dreißigjähriger Szenezugehörigkeit gilt er deutschen "Kameraden" als vertrauter "Vertreter nationaler Strukturen der Ostmark". Besonders enge Kontakte scheint Küssel nach Sachsen zu pflegen, wo er immer wieder als Redner auftrat. Dabei stand ihm mindestens einmal ein alter Weggefährte zur Seite: Hans-Jörg Schimanek junior.

Bereits seit den 1990ern kennen sich die beiden von Wehrsportübungen und der militanten "Volkstreuen Außerparlamentarische Opposition" (Vapo). Gemeinsam besuchten sie auch das Ulrichsbergtreffen in Kärnten. Mit dabei war ein bekannter Leipziger Neonazi. Kein Zufall: Schimanek jun. ist als Geschäftsführer einer Baufirma in Leipzig eingetragen.

Gräbt man in der Vergangenheit des Mittvierzigers Schimanek, stößt man auf Verbindungen zu Karl-Heinz Hoffmann, der 1973 die heute verbotene und nach ihm benannte "Wehrsportgruppe Hoffmann" gründete. In die Schlagzeilen geriet die Wehrsportgruppe Hoffmann durch den Mord an dem deutsch-jüdischen Verleger Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin 1980. Auch der Attentäter vom Münchner Oktoberfest 1980 soll Kontakte zur Wehsportgruppe gehabt haben.

Ein Luxus-Pkw, den der ehemalige Wehrsportgruppen-Chef früher fuhr, gehörte zu einem Unternehmen, an dem Schimanek als Gesellschafter beteiligt war.

Im Februar 2010 nahmen Küssel und der steirische Rechtsextreme Franz Radl gemeinsam in Dresden an einem der größten Neonazi-Aufmärsche Europas teil. Der 1967 geborene Radl war schon vorher im Dunstkreis der Vapo aktiv und wurde bereits einmal wegen Wiederbetätigung verurteilt. In Graz könnte er noch vor dem Sommer wegen des gleichen Delikts in einem anderen Verfahren wieder vor Gericht stehen. Radl kandidierte in den letzten Jahren bei Gemeinderatswahlen in seiner Heimatstadt Fürstenfeld mit der "Liste Für Recht auf nationale Zukunft (Franz)".

Die Intervention der Republik Österreich bei dem amerikanischen Provider sorgt unterdessen für Verunsicherung in der deutschen Neonazi-Szene. So manche Betreiber einschlägiger Hetzseiten fürchten, einen ihrer letzten vor Strafverfolgung geschützten Häfen zu verlieren. Der Administrator der Alpen-Donau.Info soll ein Chemnitzer NPD-Funktionär gewesen sein. Die Aktivitäten von Küssel und Schimanek in Deutschland beschäftigten heuer daher auch schon die sächsische Landespolitik - der Standard berichtete. Die Landtagsabgeordnete der Linken, Kerstin Köditz, wollte vom Innenministerium wissen, was die beiden und andere Rechtsextreme aus Österreich mit der NPD zu schaffen hätten. In der Antwort berief sich das Ministerium jedoch auf "Belange des Geheimschutzes".

Für den 1. Mai wurde Gottfried Küssel als Redner auf einem rechtsextremen Aufmarsch in Deutschland angekündigt. Ob er daran teilnehmen kann, bleibt unklar: Nicht nur, weil nicht abzusehen ist, wie lange er in U-Haft sitzen wird, sondern auch, weil der Aufmarsch durch die deutschen Behörden untersagt wurde. (Maik Baumgärtner, Colette M. Schmidt/STANDARD-Printausgabe, 13.4.2011)