Bild nicht mehr verfügbar.
Gottfried Küssel (53), erneut unter Neonaziverdacht.
Vor 30 Jahren wollte er noch die damals von rechten Hooligans durchsetzte Fankurve von Rapid im Wiener Hanappi-Stadion erobern - und dann vermutlich die ganze deutschsprachige Welt. Doch Gottfried Heinrich Küssel ist gescheitert. Der heute 53-jährige Wiener, der sich selbst immer wieder als Nationalsozialist bezeichnete (auch 1992 in einem Standard-Interview), wurde wieder einmal festgenommen. Wieder einmal wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung. Wieder einmal gilt zunächst die Unschuldsvermutung.
Die Liste der rechtsextremen Vereinigungen, denen der Lodenliebhaber laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) schon angehörte, ist freilich vielfältig: Kameradschaft Babenberg, Volksbewegung, Nationale Front (NF), Volkssozialistische Partei (VSP) und der US-Ableger NSDAP/AO.
Für Aufregung sorgten er und andere rechte Recken in den 80er-Jahren immer wieder mit sogenannten Wehrsportübungen im Raum Langenlois. Auch der junge H.-C. Strache war dort einmal zu Gast, aber nur einmal und nur kurz und nie wieder, wie der heutige FPÖ-Chef in der 2009 erschienenen Strache-Biografie von Nina Horaczek und Claudia Reiterer zugab.
Einer größeren Öffentlichkeit wurde Gottfried Küssel bekannt, als er 1993 wegen Wiederbetätigung (nicht das erste Mal) verurteilt wurde. Seine Volkstreue Außerparlamentarische Opposition (Vapo) brachte ihm zehn Jahre Gefängnis ein, in der Berufung wurden daraus sogar elf Jahre. Doch knapp vor der Jahrtausendwende durfte er vorzeitig aus der Zelle marschieren.
Von deutschen Neonazis damals eher abgeschrieben, schien er sich in Wien-Leopoldstadt im "nationalen Bioladen" seiner Partnerin an die Bewährungsauflagen zu halten. Doch Kontakte zur internationalen rechtsradikalen "Blood and Honour"-Bewegung dürften das braune Herz wiederbelebt haben. Nach einem gerichtlichen Zwischenspiel wegen unerlaubten Waffenbesitzes tourte er ab 2007 als Redner bei rechtsradikalen Aufmärschen durch Deutschland, Ungarn und die Tschechische Republik und stieg wieder zur Schlüsselfigur der Szene auf.
Von den Auftritten gab es Berichte auf der Neonazi-Homepage Alpen-Donau.Info, die er selbst maßgeblich betreut haben soll - was schließlich auch zu seiner jüngsten Festnahme führte. Die Extremisten dürften zu spät die Notbremse gezogen haben, das Netzwerk war bereits dokumentiert, bevor es vom Netz ging. (Michael Simoner, STANDARD-Printausgabe, 13.4.2011)