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Unterschiedliche Wertvorstellungen und Unzufriedenheit mit der Leistung anderer sind die häufigsten Gründe für Konflikte in der Arbeitswelt

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V.l.n.r.: Anselm Eder, Soziologe an der Uni Wien, Elvira Hauska, "inCoop"-Begründerin und Konflikt-Managerin, und Roland Graf, Generalsekretär des Wirtschaftsforums der Führungskräfte.

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"Ich bin immer mit zwei Fragen konfrontiert", sagt Elvira Hauska, "was kostet es und was bringt es?" Hauska ist Konflikt-Managerin und Initiatorin von "inCoop". Einer Initiative, die zur "Förderung des kooperativen Zusammenlebens" gegründet worden ist. Mit dem Ziel, Unternehmen für das Thema Konflikte und deren Management zu sensibilisieren.

Teamgeist-Barometer

Um die Problematik in der Öffentlichkeit breiter zu verankern, hat sich Hauska Unterstützung aus der Wissenschaft geholt - und den an der Uni Wien lehrenden Soziologen Anselm Eder engagiert. Er hat im Tandem mit Hauska den sogenannten "Teamgeist-Barometer" entwickelt. "Um Reibungsverluste durch betriebsklimatisch bedingten Stress zu messen", wie es heißt. Die Daten basieren auf einer Befragung von rund 300 Managern und wurden am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien präsentiert. Getestet und als Befragungsinstrument eingesetzt wurde der "Teamgeist-Barometer" vom Wirtschaftsforum der Führungskräfte.

Elvira Hauska spricht von vielen Betriebsmillionen, die aufgrund von unbemerkten und unbearbeiteten Konflikten flöten gehen. Sie kritisiert mangelndes Problembewusstsein: die Behauptung vieler Manager, bei ihnen gäbe es keine Streitpunkte, sei eine Verdrängung der Realität. Diese "Verdrängung" lasse sich jetzt erstmals in Zahlen gießen, so Hauska. Pro Führungskraft und pro Monat kommt die Studie auf einen durchschnittlichen "Konflikt-Kostenfaktor" von 1.444 Euro.

20 Prozent der Arbeitszeit

Ein Betrag, der sich laut den Studienautoren wie folgt zusammensetzt. Im Schnitt müssen Manager 20 Prozent ihrer Arbeitszeit in Konfliktlösung investieren. Multipliziert mit dem Gehalt ergibt sich daraus ein monatlicher Schaden von 1.444 Euro. Ein weiteres Ergebnis: Führungskräfte, die im unteren und oberen Entlohnungssegment angesiedelt sind (Verdienst bis 2.000 Euro bzw. ab 10.000 Euro), müssen sich öfters mit Reibungsverlusten herumschlagen als Manager, die zwischen 2.000 und 10.000 Euro pro Monat lukrieren.

Neben dem Ausmaß an Konflikten wurde auch ein Indikator für das Betriebsklima erstellt, um "valide Hinweise auf die klimatische Gesamtsituation des Betriebes" geben zu können, erläutern die Initiatoren. Dieser Teamgeist-Barometer setzt sich aus vier "Klimafaktoren" zusammen: "Lebensqualität, Arbeitsbewältigung, Konfliktanteil und Stressbelastung."

Als Reibungsverluste wurden bei der offenen Befragung etwa Faktoren wie unnötige Verwaltungsarbeiten, Kontrolle von anderen Mitarbeitern, unnötige Meetings, überbordende Reportings, fehlende Entscheidungen oder die Übernahme von Arbeiten aufgezählt.

Falsch interpretiert

"Konflikte müssen auf jeden Fall reguliert werden", ist Anselm Eder überzeugt: "Manche soll man haben, manche gehören weg", meint der Soziologe. Konflikte würden fälschlicherweise sehr häufig als Indiz für Überforderung oder Versagen interpretiert. In Wirklichkeit seien sie der Normalfall, mit dem Unternehmen professionell umzugehen haben.

Als größte Belastung wurde von über 30 Prozent der Befragten "unterschiedliche Wertvorstellungen" genannt, gefolgt von "Unzufriedenheit mit der Leistung anderer", "Verständigungsschwierigkeiten" und "unklare Aufgabenverteilung". Am unteren Ende der Skala rangiert mit 15 Prozent der Konkurrenzdruck.

Nicht greifbares Thema

Für die meisten Firmen sei das Thema Konfliktkultur ein klassischer "Soft-Faktor", sagt Roland Graf, Generalsekretär des Wirtschaftsforums der Führungskräfte. "Unliebsame Kinder, mit denen man sich lieber nicht beschäftigen will." Mediation komme zumeist erst ins Spiel, wenn es schon zu spät ist, bedauert er, dass der Problematik in der Wirtschaft bis dato nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Durch die Initiative hofft er, einen Sensibilisierungsprozess in Gang setzen zu können. Das reale Bild sei nämlich noch drastischer, als es in der Studie zum Ausdruck komme. Problemfelder werden oftmals nicht als solche deklariert, so Graf. Zumindest nicht öffentlich.

Kosten-Nutzen

Um das Messinstrument für das Betriebsklima bei Unternehmen zu bewerben, kann sich "inCoop"-Gründerin Hauska Kooperationen mit der Gewerkschaft, der Arbeiterkammer und anderen Mediatoren vorstellen. Die Studie über Führungskräfte war nur der erste Schritt, erzählt sie, in weiterer Folge soll das Instrumentarium auch auf untere Ebenen ausgedehnt werden - und etwa bei Mitarbeiterbefragungen zum Einsatz kommen. Und die Kosten? Die sind vergleichsweise gering, betont Hauska. Ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern müsse mit Ausgaben von rund 1.000 Euro rechnen. (om, derStandard.at, 13.4.2011)