Graz/Wien - Nemesis, seines Zeichens Unteroffizier, und Südpolarier, Stabsfeldwebel, unterhalten sich in einem geschlossenen Forum für Rechtsextreme, über eine Schülerzeitung, mit der man "Rotznasen" erreichen könnte. Es ist das Forum "Freie Freunde", in das man nur mit Einladung Zutritt bekommt und in dem sich - der Standard berichtete - sechs Jahre lang auch NPD- und FPÖ-Funktionäre mit Neonazis austauschten. Über Themenbereiche wie "Binnenjuden - Zentralrat - Holokult" etwa, oder aber auch in einem geschlossenen Unterforum für wenige über Bombenbau und "illegale Geldbeschaffung" .

"Des weiteren wollten wir gezielt vor Schulen diese Aufkleber kleben, um die Rotznasen dazu zu bringen unsere Netzseite anzuschauen", erzählt Südpolarier im Forum. Und Nemesis hat eine Idee: Das "Antifa-Motiv mit dem Hakenkreuz und dem Papierkorb ist einfach genial, sollte aber nicht einfach nur ,umgedreht‘ werden" .

Nemesis, der zwischen 2005 und 2009 insgesamt 541 Beiträge in dem heute geschlossenen Forum, dessen Inhalte dem Standard vorliegen, verfasst hat, war unvorsichtig. Er erzählte von seinem Beruf bei einem Verlag, von seiner "Berliner Vergangenheit" und stellte zwecks Verabredung mit einem Kameraden sogar seine Telefonnummer ins Forum.

Die Standard-Nachfrage beim Leopold Stocker-Verlag in Graz, ergibt, dass die Handynummer einem Mitarbeiter gehört. Auf seine jahrelangen Aktivitäten im Forum "Freie Freunde" angesprochen, sagt der Mann, er könne sich nicht erinnern, "weil ich in allen politischen Dingen poste, links und rechts, weiß der Himmel wo".

Wie er ein Forum, in dem er 541 Beiträge schrieb vergessen könne? "Vielleicht war es für mich nicht wichtig, wenn Sie sich mit jemanden unterhalten, haben sie schnell 50 Beiträge." Und: "Ich bin verwundert, dass Sie über irgendwelche Foren, die öffentlich nicht zugänglich sind, etwas wissen."

Dass der Mann auch am Arbeitsplatz, also im Verlag von Wolfgang Dvorak-Stocker, der neben Kochbüchern und Wanderführern auch immer wieder rechtsextremes Gedankengut in seinem Ares-Verlag publizierte, im Forum aktiv war, könne er aber nicht ausschließen.

"Es ist mir nicht verboten, so etwas in meiner Arbeitszeit zu tun", er habe ein gutes Verhältnis zum Chef: "Er vertraut mir." Für den vielbeschäftigten Poster gilt die Unschuldsvermutung. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Printausgabe, 15.4.2011)