Die Safaris in den Nationalpark können mit oder ohne Aufenthalt im Hotel gebucht werden.

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Wein, der auf sandigen Böden wächst. In der Bewahrungszone Sandeck-Neudegg startet die Tour mit Manfred Haider in den Nationalpark.

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Mit zwei routinierten Handgriffen bringt Manfred Haider das Stativ in Position. Aufgeregt beugt sich die Neo-Birdwatcherin über das Fernrohr und stößt einen Schrei des Entzückens aus. Zum Greifen nah erscheint der weiße Vogel mit den schwarzen langen Beinen, der da mit weit ausholenden Bewegungen im Wasser rührt. Ein Storch? Nein, der hätte rote Beine, und jetzt, da er den Kopf hebt, kann man deutlich den löffelförmigen Schnabel erkennen.

"Sonst ist der Löffler ja vor allem im Nildelta anzutreffen", erklärt Haider, "aber eben auch hier in der Wasserstätten". Der Burgenländer ist einer von sechs Naturführern, die für die St. Martins Therme und Lodge Gäste in den Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel bringen. "Wussten Sie, dass die Serengeti in Österreich beginnt?", ist einer der Werbesprüche der Therme. Und wirklich, hier bei Apetlon, wo der Blick bis in die ungarische Steppe reicht, mag sogar an einem windigen Frühlingstag Afrika-Feeling aufkommen.

Maximal acht Personen nimmt Haider auf die eineinhalb bis dreistündigen Touren mit. Vogel- und Naturbeobachtung, aber auch ein "Star-Gazing" am Abend mit einer Astrophysikerin sowie spezielle Touren für Kinder werden angeboten. Weil Haider Geologe ist, erzählt er auch viel über die Entstehung der circa 40 Salzlacken, die es nur hier und in Zentralungarn gibt.

Die geologischen Hohlformen, die mit Niederschlag gefüllt sind, bilden, wenn sie austrocken, "Sodaschnee" und locken spezielle Vogelarten an. Den Anfängern fällt es noch schwer, allein die vielen Entenarten zu unterscheiden: Die Pfeifente, die Schnatterente, die Krickente, die Kolbenente. Welche war gleich noch einmal welche? Damit das Neuentdeckte auch in Erinnerung bleibt, bekommen die Teilnehmer einen Vogelpass, in den die gesichteten Tiere eingetragen werden.

Nicht zu verwechseln sind hingegen die ungarischen Steppenrinder mit ihren langen gebogenen Hörnern, die hier gehalten werden, um gegen das rasante Schilfwachstum anzugrasen. Es gibt, so Haider, nämlich auch im Nationalpark ein "Flächenmanagement", das in der sogenannten Bewahrungszone eingreift, mindestens 50 Prozent der Fläche sind aber reine Naturzone. Deswegen fährt er mit seinem Range Rover anders als in Afrika auch nicht querfeldein.

Entgegen der landläufigen Meinung war die Gegend hier nicht immer steppenähnlich. "Ursprünglich wuchs hier ein Buchen-Eichen-Mischwald", erzählt Haider. Erst durch die Rodung und Beweidung der Flächen sei die heutige Landschaft entstanden, die mehr als 300 Vogelarten beheimatet. Typisch für die einst viehreiche Region sind die sogenannten Holderhütten aus Schilf, die den umherziehenden Viehhirten als Unterschlupf dienten.

Plagen sich die Gäste bisweilen mit ihren Ferngläsern und haben Schwierigkeiten, sie richtig einzustellen, bevor die Vögel auffliegen, bleibt Haider ruhig: Er erkennt sie auch am Gesang. Da ein Kiebitz, dort die Drossel, die sich laut jubilierend in den Frühlingswind schraubt. Allmählich werden die Birdwatcher ruhiger. Auch das ist ein Effekt des Ausfluges. Einmal innehalten müssen, bevor man etwas geboten bekommt, konzentriert schauen und zuhören.

Ein besonderes Erfolgserlebnis stellt sich ein, als Haider erklärt, wie der seltene Seeadler am besten auszumachen sei: durch das aufgeregte Aufflattern der kleineren Vögel. Wenig später erkennt eine Teilnehmerin mit bloßem Auge in der Ferne eine solche Unruhe - und entdeckt tatsächlich einen jungen Seeadler, der über dem Wasser kreist. So viel Talent muss belohnt werden: zum Beispiel mit einer Jause.

Der abschließende "Sundowner", Speis und Trank, die im Stehen aus dem Kofferraum eingenommen werden, sind mehr als stilecht. Wurst aus ebenjenen vorher erwähnten Steppenrindern, Grammelpogatscherln und Käse aus der Region.

Der Einsatz regionaler Produkte setzt sich auf der Speise- und Weinkarte der Therme konsequent fort, eine offene Feuerstelle und die große Terrasse am Wasser verstärken das Afrika-Feeling. Wandelt der Gast aus dem Hotelbereich hinüber in die Thermenlandschaft, wird er von leisem Vogelgezwitscher begleitet, das, bei näherer Belauschung, aus dem Lautsprecher dringt.

"So wird die Natur konsequent im Innenraum fortgesetzt", erklärt die Gästebetreuerin Timea Markus. Auch die warmen Erdtöne der Inneneinrichtung sollen die Farben der Umgebung aufnehmen, das Wenga- und Zebranoholz der Möbel sind eine Anspielung auf - richtig: Afrika. Wer Blut geleckt hat und noch weiße Flecken im Vogelpass feststellen muss, kauft zum Abschied im hauseigenen Shop stilecht ein Vogelstimmenimitationspfeifchen in den Stimmlagen Kiebitz oder Nachtigall. (Tanja Paar/DER STANDARD/Printausgabe/16.04.2011)